Ende April bzw. Anfang Mai des Jahres 2017 feierte die Freiwillige Feuerwehr Lennep ihr 150jähriges Jubiläum. Wie eine dafür erstellte umfängliche Publikation ausweist, ist die verlässlichste Quelle für die Vorgeschichte und Gründung der Lenneper Feuerwehr die historische Festschrift zum 60jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Lennep aus dem Jahre 1927. Weitere Zeugnisse findet man im heutigen Remscheider Stadtarchiv, im Lenneper Feuerwehrarchiv sowie in den lokalen Zeitungsarchiven.
Abb. 1 Festschrift der Freiwilligen Feuerwehr Lennep 1927 und Abb. 2 Festbuch der Freiwilligen Feuerwehr Lennep 2017
Was das genannte Heft aus dem Jahre 1927 für uns Heutige so authentisch macht, dies ist nicht nur die darin enthaltene Menge an Informationen, sondern auch die Tatsache, dass der Hauptverfasser der Kapitän a.D. der Handelsmarine Paul Windgassen (1888-1965) war. Durch die Folgen des Ersten Weltkriegs sozusagen arbeitslos geworden, versah Windgassen zeitweise Aufgaben des Lenneper Stadtarchivs und verfasste zahlreiche historische Arbeiten, sehr oft auch auf der Grundlage der handschriftlichen Aufzeichnungen des Lenneper Baumeisters Albert Schmidt (1841-1932), der 1867 zu den Gründungsvätern der Wehr zählte und in den Jahren 1874 bis 1876 das nebenberufliche Oberkommando innehatte.
Abb. 3 Paul Windgassen als junger Matrose der SMS Arcona in Kiel. Abb. 4 Die Lenneper Familien Windgassen und Kluthe im Garten der Wirtschaft Windgassen am Kölner Tor um 1900. Auf dem Areal entstand später das Kino „Modernes Theater“.
Bezüglich des Themas Feuerwehrgeschichte saß Paul Windgassen im Lenneper Stadtarchiv sicherlich an einer guten Quelle, es kam hier aber noch dazu, dass er ein Sohn des legendären Hermann Windgassen war, der als Wirt des später sog. Kölner Hofs am Kölner Tor in Lennep auch Mitbegründer mehrerer Lenneper Vereine im letzten Drittel des 19. Jh. war. Der 1853 in Garschagen geborene Hermann Windgassen war auch Begründer einer lange Jahrzehnte existenten Feuerwehrkapelle Lenneps, denn er war auch ein begnadeter Musiker, dessen Nachfahren europaweit als Opern- und Kammersänger glänzten. Sein Sohn Paul Windgassen konnte für eine erste Lenneper Feuerwehrgeschichte also auch auf eigene familiäre Erinnerungen zurückgreifen.
Wir folgen nun, was die Frühzeit der Lenneper Feuerwehr betrifft, der Darstellung in der Chronik aus dem Jahre 1927. Windgassen hatte wie gesagt Zugang zu allen historischen Quellen des Archivs, und er nutzte sie sehr ausgiebig für die Darstellung der Vorgeschichte im alten Lennep. Er nahm dabei nicht nur Bezug auf den bekannten Lenneper Stadtbrand von 1746, sondern brachte in der Festschrift auch die Stadtbrände von 1325 und 1563 zur Sprache, die die früheren historischen Dokumente gänzlich vernichtet hatten. Weiterhin fügte er einige veranschaulichende Dokumente aus dem Stadtarchiv durch Faksimiles bei. Bei seiner weiteren Darstellung der Entwicklung bis 1848 stützte sich Windgassen auf die Materialien des Stadtarchivs und auf mehrere um 1900 veröffentlichte Arbeiten des Lenneper Heimatforschers Carl vom Berg. Dabei heißt es für die Zeit vor 1800: Von einer organisierten Feuerwehr war damals in Lennep noch keine Rede. Es musste sich eben jeder Bürger bei einem ausbrechenden Brande am Löschwerk beteiligen.
Die jetzige Neufassung der Feuerwehrchronik im Jahre 2017 enthält die historischen Passagen aufs Neue. Sie handeln u.a. von der Besoldung der frühen Spritzenbedienten, der Entwicklung einer Wachtordnung und eines Feuerlöschkorps, von der Nummerierung der Lenneper Häuser im Zusammenhang einer landesherrlichen Brandassecuranz im Jahre 1801, und sie schließen mit dem Hinweis: Aus der Zeit bis ca. 1840 fehlen im städtischen Archiv fast alle Akten, so dass aus diesem Zeitraum nichts über die Feuerwehr zu berichten ist. Aus dem Jahre 1838 ist eine Feuerlöschordnung für die Stadt Lennep vorhanden.
Am 13. Juli 1867 nun, also aus unserer jetzigen Sicht vor 150 Jahren, wurde im Lokal der Witwe Daniel Frielinghaus in der Lenneper Pastoratstraße aus ca. 50 Mitgliedern der Lenneper Turngemeinde eine Lenneper Feuerwehr gegründet. Sie wurde danach entstehungsgemäß auch als Turnerfeuerwehr bezeichnet. Ab dem Revolutionsjahr 1848 hatten sich allerdings zusätzlich auch die Lenneper Bürgerwehr und ab 1850 der daraus neu entstandene Bürgerverein um das Brandwesen gekümmert.
Der 13. Juli 1867 ist also letztlich der eigentliche Gründungstag einer verfassten Lenneper Feuerwehr gewesen. Die Mitgliederzahl wuchs stetig. 1869 gab es bereits 155 Mitglieder, und unter der Leitung des ersten Kapellmeisters Maurice Chemin-Petit wurde eine vorläufige Musikkappelle gegründet. Aus der genannten Zeit stammt übrigens auch einer der ersten baulich für die Feuerwehr speziell eingefassten Lenneper Feuerlöschteiche, auf dem später auch ein Schuppen errichtet wurde, um die Feuerlöschgerätschaften aufzunehmen. Das kleine Gebäude an der Ecke Poststraße / Sackgasse ist auf vielen Straßenansichten der vorletzten Jahrhundertwende zu erblicken. Auch Fotos mit Feuerwehrleuten sind erhalten. Bei meinen Stadtführungen halte ich meist an diesem Ort an, um die altlenneper Wasserquelle an diesem Ort zu erklären, und um auf eine der ersten Lenneper Feuerlöscheinrichtungen hinzuweisen.
Abb. 5 Der Lenneper Bierverleger, Gastwirt, Musiker und Vereinsgründer Hermann Windgassen verließ im Alter die Stadt und siedelte sich im oberbayerischen Murnau am Staffelsse an. Abb. 6 Seinen 75. Geburtstag feierte er dort im Jahre 1928 mit der ganzen Familie. Mehrere Nachfahren waren inzwischen überregional in den Bereichen Musik und Theater tätig und bekannt. Windgassens Sohn Paul, Handelskapitän a.D. (auf dem Familienbild oben 2. von links), war später im Dienst der Städte Lennep bzw. Remscheid in kulturellen Verwaltungsbereichen tätig, verfasste mehrere ortsgeschichtliche Abhandlungen und wurde in der nationalsozialistischen Zeit als Ahnen- bzw. Sippenforscher beschäftigt.
Die 1870er Jahre brachten Lennep einen enormen Aufschwung, und allgemein wurde eine Reorganisation der Feuerwehr als notwendig empfunden. Auf Veranlassung mehrerer Mitglieder der Turner- und Bürger-Feuerwehr wurde 1876 durch Bürgermeister Sauerbronn eine gemeinsame Feuerwehr unter dem neuen Namen Lenneper Freiwillige Feuerwehr gegründet. Dem ebenfalls neu gegründeten Brandrat gehörten außer dem Bürgermeister Sauerbronn die Herren Fritz Hardt, Fritz Haas, Ludwig Dürholt und Albert Schmidt an. Im Jahre 1878 gründete dann der bereits erwähnte Hermann Windgassen eine Feuerwehrmusikkapelle, deren Tradition dann weit ins 20. Jahrhundert hineinreichte. Windgassen lieh sich damals vom Lenneper Fabrikanten Emil Schröder 300 Mark zur Anschaffung neuer Instrumente. Eine schöne Geschichte erzählt, dass nach einem Jahr die Kapelle dem Darlehensgeber zum Geburtstag eine Morgenmusik gab, worüber dieser so erfreut war, dass er den Schuldschein zerriss.
Abb. 7 Brandrat und Wehrführung der Lenneper Freiwilligen Feuerwehr rekrutierten sich in der ersten Zeit überwiegend durch Vertreter des Lenneper Mittelstands. Insbesondere waren hier Handwerker und Unternehmer vertreten. Auf unseren Fotos sieht man Fritz Lisner von der Lenneper Firma Wender & Dürholt sowie in Abb. 8 Ludwig (Louis) Dürholt. Auch Fritz Haas von der Maschinenfabrik Haas, der Bauunternehmer Albert Schmidt, der Kunstschlosser Albert Jacobs sowie der Restaurationsinhaber Oskar Gross waren z.B. hier vertreten.
Die gerade beschriebene frühe Entwicklung des Lenneper Feuerwehrwesens in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts verfasste Kapitän a.D. Windgassen wie erwähnt nicht nur nach den ihm verfügbaren Akten, sondern in hohem Maße auch aufgrund der Lebenserinnerungen Lenneper Zeitgenossen, die bei der Gründung 1867 selbst dabei gewesen waren, wie z.B. Albert Schmidt, der an den Feierlichkeiten zum 60. Jubiläum im Jahre 1927 in hohem Alter noch teilnehmen konnte.
Abb. 9 Albert Schmidt, in Lenep überwiegend bekannt als Baumeister und Talsperrenbauer, war als Mitgründer der Lenneper Feuerwehr das Bindeglied zur Lenneper Verwaltung. Insbesondere mit dem Bürgermeister Sauerbronn (Abb. 10) arbeitete er über lange Zeit zusammen und setzte auch im Bereich der Feuerwehr eine Menge Konzepte zur Entwicklung moderner technischer Verfahren um.
Nach Albert Schmidt, der die Entwicklung später nicht nur in seinen Lebenserinnerungen, sondern 1822 auch in einem längeren Zeitungsartikel beschrieb, überlegte man damals, wie denn das Lenneper Feuerlöschwesen am besten gefördert werden könne, und die letztliche Antwort war: Wir müssen den jungen Fabrikanten Fritz Hardt zum Vorsitzenden wählen, so wird die Feuerwehr aufblühen, da er bei seinem Temperament, seiner großen Energie und gemeinnützigen Gesinnung alles daran setzen wird, die Angelegenheiten der Feuerwehr zu fördern. Tatsächlich nahm der Genannte nahm die Wahl an, es wurde damit sozusagen über Nacht ein großer Aufschwung für die Feuerwehr eingeleitet. Der Lenneper Fabrikant, sicherlich eher ein engagierter Laie, wenn auch bei den praktischen Feuerwehrübungen oft dabei und auf Fotos zu sehen, schenkte sofort eine teure Jagdspritze neuester Konstruktion und ließ auf seine Kosten am Jahnplatz ein erstes, damals noch hölzernes Steigerhaus erbauen. Die Wehr wurde neu eingeteilt und uniformiert, und der Musikkapelle wurden Instrumente verschafft. Durch das Beispiel von Fritz Hardt, dies ist wichtig, wurde es in Lennep zur Ehrensache, der Feuerwehr anzugehören. Der Vorstand bildete sich damals vorwiegend aus den Kreisen des Bürgerstandes, und die Wirtschaft des Musikdirigenten Hermann Windgassen am Kölner Tor wurde für eine sehr lange Zeit als Vereinshaus gewählt. Jetzt wurden regelmäßig Übungen abgehalten, und um das Interesse der Feuerwehrleute zu heben, wurde nach jeder Übung ein gemeinsamer gemütlicher Abend mit Musikvorträgen und Freibier veranstaltet.
Abb. 11 Der Lenneper Tuchfabrikant Fritz Hardt war lange Zeit ein begeisterter Förderer der Lenneper Feuerwehr. Aufgrund von Beratungen mit Albert Schmidt, der auch für die Hardtschen Firmen alle technischen Neuerungen vorschlug und realisierte, finanzierte er zahlreiche Vorhaben der Freiwilligen Feuerwehr über Jahrzehnte im Sinne des Gemeinwohls. Auf dem Foto vom 25. Stiftungsfest der Wehr im Jahre 1892 (Abb. 12) ist er vorne links neben dem Wehrführer Julius Hasselkus in Feuerwehruniform zu sehen. Vorne rechts steht Albert Schmidt. Bei Vergrößerung des historischen Fotos erkennt man, dass Fritz Hardt und Albert Schmidt am Spiegel ihrer Kragen als die höchsten Chargen der Wehr gekennzeichnet sind. Das Foto ist hier aufgrund mangelnder Gesamtqualität nur im Ausschnitt wiedergegeben. Es zeigt in Wirklichkeit etwa doppelt so viele Teilnehmer und wurde vor der „Mädchenschule“ an der Hardtstraße aufgenommen.
Der Tuchfabrikant Fritz Hardt war nach der mehrfachen Darstellung Albert Schmidts bei allem ein besonders wichtiger Faktor. Durch ihn wurden in dieser Zeit die Apparate vervollständigt und verbessert, eine zweite neue Spritze und die große mechanische Leiter beschafft. Die Anlagen zur Wasserentnahme aus den uralten Brandteichen wurden technisch wesentlich verbessert, und nach Anlage der Wasserleitung im Jahre 1883 wurde für eine reichliche Anzahl der Feuerhydranten Sorge getragen. Auf diese Weise entwickelte sich die Lenneper Feuerwehr technisch gesehen zusammen mit der Feuerwehr der um 1880 neu entstandenen Kammgarnspinnerei in Lennep zu einer der modernsten im damaligen Deutschen Reich.
Wie schon erwähnt sind die Jahre um 1927 herum für die Lenneper Freiwillige Feuerwehr ein ganz besonderer Zeitraum gewesen, denn sie brachten die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches, nämlich die Errichtung eines neuen, und nunmehr festen und gemauerten Gerätehauses auf dem Jahnplatz. Dieses Feuerwehrhaus lag und liegt ja heute noch mit der Ausfahrt zum Jahnplatz, so dass es in die Kellerräume des an der höher gelegenen Mühlenstraße errichteten Wohnhauses hineinreicht. Gleichzeitig mit dem Bau des Gerätehauses konnte damals auch ein neuer massiver Steigerturm mit errichtet worden, der heute sozusagen zu den Wahrzeichen Lenneps gehört. Das hier nur kurz apostrophierte historische Ensemble wird auch nach der nunmehr geplanten Verlegung der Feuerwehreinheit an die Karlstraße an der Mühlenstraße bestehen bleiben und, wie man hört, ggf. ein Café aufnehmen.
Abb. 13 Das erste Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr stand an der damals sog. Neuen Poststraße gegenüber dem Grundstück von Arnold Hardt, und zwar an der Ecke zur Lenneper Sackgasse. Zahreiche historische Fotos zeigen es zusammen mit den umliegenden Gebäuden, u.a.mit dem links daneben liegenden Kreisgefängnis. Der darunter ehemals offene Pörtzschesteich war bereits in der 70er Jahren des 19. Jh. überwölbt worden. Seine Funktion verlor dieses Spritzenhaus im Jahre 1927 mit der Errichtung seines steinernen Nachfolgers auf dem Jahnplatz. Abb. 14 Das neue Feuerwehrhaus auf dem Jahnplatz hatte allerdings vor Ort auch schon einen Vorgänger. Zumindest einen hölzernen Steigerturm zum Üben bzw. zum Trocknen der Schläuche war dort lange zuvor durch den Fabrikanten Fritz Hardt gespendet worden. Im Hintergrund des Bildes erblickt man die heute nicht mehr existente Friedhofskapelle an der Mühlenstraße.
Abb. 15 Zu guter Letzt: die Ansichtskarte zeigt den Lenneper Jahnplatz, so wie viele ältere von uns diese Örtlichkeit über Jahrzehnte kannten. Im Hintergrund die evangelische Stadtkirche, in der Mitte die Katholische Volksschule und die Feuerwehr, im Vordergrund der Kiosk, an dem Generationen von Lennepern sich vor, während und nach dem Geschehen im Stadion und auf dem Jahnplatz „stärkten“. Auch ich habe hier oft eine „Cola gezischt“. Unser letztes Bild (Abb. 16) wurde Ende April 2017 auf dem Lenneper Jahnplatz aufgenommen. Zum letzten Male wohl fand hier der traditionelle Blaulichttag der Freiwilligen Feuerwehr Lennep statt. Es wurden zahlreiche Vorführungen und Übungen geboten, auch seitens der Lenneper Feuerwehrjugend. Wir werden sehen, wie sich die Freiwillige Feuerwehr Lennep an ihrem neuen Standort in der Nähe des Bahnhofs an der Karlstraße entwickeln wird.