Baumeister Arthur Schmidt

06 Mai 2020 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Abb. 1 Abb. 2
Der Lenneper Baumeister Arthur Schmidt (04. 05. 1867 – 13. 03. 1945) im Jahre 1905 und als Charlottenburger Student in Berlin (links im Bild).

Regierungs-Baumeister a.D. Arthur Schmidt wurde am 4. Mai 1867 in Lennep geboren. Der Sohn des Talsperrenspezialisten, Ingenieurs und Privat- wie Industriearchitekten Albert Schmidt (1841-1932) besuchte in Lennep das Realgymnasium, studierte zunächst in Aachen Hochbau, brachte es dort zum Regierungs-Bauführer und übte diesen Beruf in Köln einige Jahre aus. Er wechselte sodann zur Technischen Hochschule Charlottenburg bei Berlin und übernahm nach der Diplom- und Regierungs – Baumeisterprüfung (1897) sowie der Ableistung seiner Einjährigen-Wehrpflicht in Köln-Deutz das Lenneper Baugeschäft im Jahre 1903, zunächst mit seinem Onkel Ernst Schmidt und seinem Schwager Walter Eberhardi. Viele seiner Entwürfe aus der Studienzeit (u.a. Kirchen, Rathäuser, Schulen und Parlamentsgebäude) sind heute noch in der Familie erhalten. Arthur Schmidt setzte die Bautradition seiner Familie bereits in der vierten Generation fort. Von der Seite des Vaters her ursprünglich aus dem oberbergischen Freckhausen bei Eckenhagen (Reichshof) kommend, lebte die Familie zuerst im Kirchdorf (Radevormwald-) Remlingrade und später in der Kreisstadt Lennep. Das Baugeschäft Schmidt ist seit ca. 1820 nachweisbar.

Abb. 3 Abb. 4
Arthur Schmidt erhielt im Jahre 1894 ein Italienstipendium. Regelmäßig schrieb er Briefe und Karten an seine Eltern und das traditionelle Kaffeekränzchen bei seiner Oma an der Lenneper Knusthöhe. Bevor er mit der Übernahme der Lenneper Baufirma im Jahre 1903 vollends in den Ernst des Lebens trat, leistete er sich zahlreiche Ausflüge in die deutschen Weingegenden und pflegte viele Freundschaften und Kontakte wie auf der rechten Abbildung bei einer Pfingstreise im Jahre 1902.

Aufgrund seiner Examensleistungen in Aachen im Jahre 1894 erhielt Arthur Schmidt ein sechswöchiges Architekturstipendium für eine Italienreise. Er hielt sich in der Zeit Mitte April bis Mitte Juni 1894 u.a. längere Zeit in Rom und Ravenna auf, wo er die frühchristlichen Mosaiken der erzbischöflichen Kapelle aufnahm und kopierte, und er verfasste über die Gesamtreise ein Buch mit vielen Bleistiftzeichnungen, das in der Familie heute noch erhalten ist. Natürlich brachte er auch zeitgenössische Souvenirs nach Vorbildern antiker Kunst mit zurück, u.a. eine bronzene Diana auf Marmorsockel, und es sind zahlreiche Briefe und Ansichtskarten erhalten, die er meist „All` illustrissimo Kaffeekränzchen bei Großmutter Schmidt – Lennep – Rheinprovinz – Germania“ adressierte. An diesem Kaffeekränzchen nahmen auch die verwandten Familien Haas, Wender und Dürholt teil.  Nicht zuletzt auf diese Italienreise ging nach der Aussage des Baumeisters auch die Idee zurück, beim Bau des Lüttringhauser Rathauses im Jahre 1908 Terrazzoböden zu verlegen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland verfasste Arthur Schmidt Manuskripte wie „Meine Italienreise“ und „Blütezeiten der Baukunst“., die er auch als Vorträge im „Wissenschaftlichen Kränzchen“ der Lenneper Logenvereinigung und beim Bürgerverein, bekannt machte, den sein Vater ca. 20 Jahre zuvor mitgründet hatte.

Abb. 5 Abb. 6
Aus dem Jahre 1897 stammt die Entwurfszeichnung für ein Provinzialtheater als Teil einer Prüfungsaufgabe in Berlin. Rechts sieht man das jung verheirate Lenneper Paar Arthur Schmidt und Frau Trude, geb. Donner, 1906 in Bad Reichenhall. Arthur Schmidt hatte seine aus Mecklenburg stammende Ehefrau in Berlin kennen gelernt.                                                                                                    
In Richtung Lüttringhausen hatte sich die Familie insbesondere durch Großvater Christian Schmidt (1805-1865) orientiert, der am Neuenhof Liegenschaften gepachtet und erworben hatte, um darauf eine Feldbrandziegelei zu begründen. Er betrieb dort auch eine Zeit lang eine Geflügelfarm. In der Familie wurde Großvater Christian als allzu gutmütig beschrieben, weil er seine Produkte leicht verschenkte. Seine Frau sagte oftmals: „100 Hühner und doch keine Eier!“ Die Entstehungsgeschichte der Ziegelei ist in den Lebenserinnerungen von Arthur Schmidts Vater Albert ausführlich beschrieben, in späterer Zeit war die Ziegelei als Klinkerwerk Eberhardi bekannt.

Im Jahr des Lüttringhauser Rathausbaus 1908 trennten sich die familiären Wege des großväterlichen Firmenimperiums, zu dem außer der Ziegelei das Lenneper Baugeschäft und ein holzverarbeitender Betrieb gehörten. Für Großvater Christian Schmidt und dessen Sohn Albert Schmidt waren Baugeschäft, Ziegelei und Zimmerei noch eine Einheit gewesen. Jetzt wurde diese Einheit für die Enkel aufgeteilt. Walter Eberhardi übernahm das spätere Klinkerwerk in eigener Regie, während Arthur Schmidt das Lenneper Baugeschäft an der Knusthöhe und später am Kaiserplatz (Mollplatz) bzw. der Karlshöhe Nähe Schlachthofstraße weiterführte, die Zimmerei ging damals an die Familienteile Wender und Dürholt, woraus später eine eigene Baufirma und ein eigenes Architekturbüro dieses Namens entstanden. Baumeister Arthur Schmidt war ausgesprochen musisch begabt, zeichnete, spielte sehr gut Klavier, trug gekonnt Schubertlieder vor und übte sich einmal in der Woche in einem Lenneper Honoratiorenquartett. Da der katholische Pfarrer Schönen dabei um 12.00 Uhr nachts immer meinte, nach Hause gehen zu müssen, wurde kurz vorher im Hause Schmidt am Lenneper Mollplatz einfach die alte bergische Standuhr abgestellt. Diese gibt es heute noch, ebenso wie das Klavier und den Ständer für die Noten, die Weingläser und die Ablage der Zigarren. Von dem katholischen Pfarrer stammte auch ein Leitspruch, der in der Familie Schmidt auch später oft zitiert wurde: „Es ist im Leben nur halb so schlimm, als wenn es noch mal so schlimm wäre!“

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Schon vor dem gänzlich abgeschlossenen Studium und der Übernahme des Lenneper Baugeschäfts Albert Schmidt arbeitete Sohn Arthur für seinen Vater bei Lenneper Bauten mit. So bei der Villa für Hermann Hardt jun. in der Lenneper Mittelstraße, heute Rotdornallee. Völlig selbständig entworfen und ausgeführt war dann das Lüttringhauser Rathaus aus dem Jahre1908.      

Wie sein direkter Vetter Paul Dürholt war Arthur Schmidt in erster Linie Künstler. Beiden war die geschäftliche Seite ihrer Unternehmen eher lästig, beide spezialisierten sich auf schlüsselfertige Häuser nach eigenem Entwurf – bis zur Türklinke. Dafür war das 1908 eingeweihte Lüttringhauser Rathaus eines der ersten ausgeführten Beispiele des selbständigen Unternehmers Arthur Schmidt, dem weitere Projekte, z.B. in der Lenneper Schillerstraße die Wohnhäuser Nr. 25 und Nr. 27 folgten. Letztere baute der Architekt für sich selbst zu Renditezwecken, musste sie aber später inflationsbedingt wieder aufgeben. Die Phase der Villenarchitektur endete für Arthur Schmidt und Paul Dürholt mit dem Ersten Weltkrieg, weil dann allenfalls noch kostengünstigere Zweckbauten in Auftrag gegeben wurden. Arthur Schmidts künstlerischer Anspruch wurde seinerzeit bei der Eröffnung des Lüttringhauser Rathauses mehrfach hervorgehoben und seine Realisierung gelobt. Eine ästhetische Beurteilung der historisierenden Stilmischung, die zeitgenössisch en vogue war, bleibt heute jedem selbst überlassen. Die Zeiten und die Kunstauffassungen haben sich seitdem mehrfach verändert.

Abb. 9 Abb. 10
Wie sein Vater Albert Schmidt arbeitete auch Arthur Schmidt oft, gern und gut mit den Familien Hardt und ihren Firmen zusammen, in Lennep z.B. beim Kontorgebäude in der Kölner Straße wie auch in den Wupperfirmen. Ebenfalls wie sein Vater baute er für den Lenneper Gemeinnützigen Bauverein an mehreren Stellen Lenneps, hier in der sog. Neustadt.

Arthur Schmidt war, wie bereits sein Vater Albert Schmidt, in Lennep oft gehalten, die Planung öffentlicher Bauten ehrenamtlich zu gestalten. Im Falle des Lüttringhauser Rathauses verzichtete er auf sein persönliches Architektenhonorar, das immerhin 7.000 Goldmark betragen hätte. Weiterhin übertrug er auf Wunsch seiner Auftraggeber die bauliche Ausführung weitgehend an Lüttringhauser Unternehmen, u.a. an den Bauunternehmer Alfred Hölken. Beider Vorfahren waren Generationen zuvor aus dem Oberbergischen eingewandert, um in Bereich der aufstrebenden Wupperindustrie Lohn und Brot zu finden.

Als der Baumeister bei der Eröffnungsveranstaltung durch die Rathaustür schritt, standen im Flur und auf der Treppe zum Obergeschoss bereits unzählige Festgäste, so dass er, wie dies in der Familie überliefert ist, zu seiner Frau Trude sagte: „Hoffentlich bricht die Empore jetzt nicht zusammen“. Das war sicherlich nur eine Angst des Augenblicks, hielt sich doch das sein Bauunternehmen wiederholt zugute, Gebäudemauern ohne Mehrkosten so zu gestalten, dass später in jedem Fall noch weitere Stockwerke darauf errichtet werden konnten. Eine weitere Anekdote gibt an, dass der Baumeister sich die entstandenen Baukosten persönlich in Gold auszahlen ließ und die schwere Last zu Fuß unter erheblicher Anstrengung nach Lennep trug.

Abb. 11 Abb. 12
Auch das heute nicht mehr existente evang. Gemeindehaus an der Hardtstraße (früher Schulstraße) baute Arthur Schmidt, ebenso das Bergische Alumnat an der Hackenberger Straße, das das frühere Alumnat in der oberen Kaiserstraße, später Bahnhofstraße, ersetzte. Das damals neue Alumnatgebäude durchlief später verschiedene Funktionen und besteht in veränderter Form heute noch.

Arthur Schmidt war schon, bevor er die Firma im Jahre 1903 übernahm, für seinen Vater Albert als Architekt tätig. Zeitgemäß übte er sich u. a. bei sog. „Neubauten im altbergischen Styl“, wovon mehrere historische Ansichtskarten mit seinem Namen versehen zeugen. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden viele Hochbauten errichtet. Wohn- und Geschäftshäuser in Lüttringhausen, Dahlhausen, Wilhelmstal und Dahlerau, in Lennep z.B. die Häuser des Gemeinnützigen Bauvereins, das Wohnhaus Hermann Hardt jun. in der Mittelstraße (heute Rotdornallee), das Kontorgebäude von Joh. Wülfing & Sohn in der Kölner Straße, die Volksbank in der Poststraße, das Pastorat in der Bermesgasse, das Alumnat zwischen Hackenberger und Teichstraße, in dem 1913 der Schüler Heinz Rühmann untergebracht war, und das Landhaus Mühlinghaus am Nagelsberg. Vieles davon hat bis heute mannigfaltige Umnutzungen erfahren oder besteht gar nicht mehr, z. B. das evang. Gemeindehaus in der Lenneper Hardtstraße (früher Schulstraße), in dem noch nach dem Zweiten Weltkrieg die Konfirmanden unterrichtet wurden und der CVJM sich traf. An der Errichtung der „Rentengüterbauten“ der Stosberg-Siedlung 1906/07 bis 1913 am Lenneper Hasenberg und den Bauten des „Lehmbaupastors“ Gustav von Bodelschwingh in Remscheid Anfang der 1930er Jahre wirkte Arthur Schmidt maßgeblich mit. Bodelschwingh und seine älteste Tochter Adelheid hatten beim Konzept des partiellen Selbstbaus mit Lehmziegeln durch die sozialschwachen späteren Hausbewohner so gut wie keine bezahlten Architekten und Bauführer vorgesehen. Beide gingen seinerzeit bei Arthur Schmidt, der hier ehrenamtlich plante und prüfte, ein und aus.  Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Firma Arthur Schmidt durch ein Stuckgeschäft erweitert, und mit dem Spezialgipsputz Awallit konnten in den 1930er Jahren in großem Umfang auch überregionale Arbeiten ausgeführt wurden, z. B. in Bayreuth und Berlin. Nach der Rezession 1929/30 hat Arthur Schmidt weiter Bauten errichtet, so die Städtische Sparkasse in der Remscheider Saarlandstraße und die neue Lenneper Kläranlage im Jahre 1934.

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Seit seinen frühen Rheintouren liebte Arthur Schmidt den deutschen Wein, besonders den tiefroten Unkeler Funkeler. Den besang damals der gleichaltrige, in Remscheid geborene Journalist und Schriftsteller Arthur Rehbein unter dem Pseudonym Atz vom Rhyn. Das Geschirr der Lenneper Loge zur Bergischen Bruderkette begleite die Familie am Mollplatz noch lange, nachdem die Vereinigung nicht mehr existierte, und Reste davon gibt es heute noch.

Baumeister Arthur Schmidt war eine Zeit lang auch Mitglied des Lenneper Stadtrats, Stadtbaumeister in Lennep sowie zeitweise im Vorstand des Schlossbauvereins in Burg an der Wupper sowie in die bauliche Erhaltung des Kölner Doms involviert. Sein Schriftzug findet sich beispielsweise auf einem Lenneper Notgeldschein und auf dem Original des Ehrenbürgerbriefs für Johann Daniel Fuhrmann aus dem Jahre 1911. Er war auch Mitgründer und langjähriges Mitglied der „Loge zur Bergischen Bruderkette – Orient Lennep 1912″ im Vereinshaus an der oberen Lenneper Bahnhofstraße, künstlerisch hochbegabt und sozial engagiert. Bevor er mit 36 Jahren altersmäßig schon recht fortgeschritten das väterliche Geschäft offiziell übernahm, pflegte Arthur Schmidt eine Menge freundschaftlicher Kontakte, die zu regelmäßigen Ausflugsreisen an Rhein, Mosel, Nahe und Ahr führten. Daraus entstand u.a. ein Erinnerungsbuch an die Pfingstreise 1902, mit Fotos des Freundeskreises und diversen Zeichnungen und Gedichten, z.B. „S. l. Arthur zur Erinnerung“ von Carl Bädeker, einem Mitglied der bekannten Verlagsfamilie, und Siegfried Leiffmann, einem jüdischen Weinhändler aus Köln. Schon während seiner Studienzeit war Arthur Schmidt Mitglied der Studentenverbindung „Hütte“ in Charlottenburg, deren Zweck die Förderung von Wissenschaft und Bildung auf dem Gebiet des Ingenieurwesens ist. Aus dieser Zeit existiert noch ein Bierseidel mit einschlägig gestaltetem Deckel. Allerdings bevorzugte der Baumeister eher Rheinwein, besonders den tiefroten „Unkeler Funkeler“, den er sich gern auch nach Lennep schicken ließ. Trotz seiner Lebensfreude und Geselligkeit trug Arthur Schmidt allerdings auch an der Last seines Vaters und direkten Vorgängers Albert Schmidt, von dem es bis heute heißt, er habe neben den Talsperren und Industrieanlagen an der Wupper auch „halb Lennep“ gebaut. „Ich habe mein ganzes Leben im Schatten meines Vaters gestanden“ – so formulierte er einmal“. Arthur Schmidt starb am 13. März 1945 in seinem Wohnhaus am Lenneper Mollplatz, in einer Zeit ohne Bauaufträge, und gezeichnet durch die Entbehrungen der damaligen Stadtbevölkerung.

Abb. 15 Abb. 16
Abb. 17 Abb. 18
Spätere Fotografien des Baumeisters zeigen ihn zumeist im Garten seines 1910 erstandenen Anwesens am Lenneper Kaiserplatz, heute Mollplatz. Das Ehepaar wohnte zunächst an der Knusthöhe 16 bei Arthur Schmidts Eltern Albert Schmidt und Frau Maria, geb. Haas. Als die Familie ständig größer wurde, erwarb man das um 1820 entstandene große Gebäude gegenüber dem Berliner Hof, das früher als Poststraße 1 die Reihe der Fabrikantenvillen bis hin zum Kölner Tor eröffnete. Die Familienfotos oben links und unten rechts entstanden im Park dieses Anwesens, auf ersterem erblickt man im Hintergrund einen Teil des zwischenzeitlichen Firmenkontors. Eines der wenigen Fotos mit Firmenangehörigen zeigt den Bauunternehmer Arthur Schmidt in den 1930er Jahren als Chef mit Zigarre.

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