Buchhandlung R. Schmitz in Lennep

23 August 2021 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Jeder von uns kennt noch heute die Lenneper Buchhandlung Schmitz, der Name existiert ja noch im Zusammenhang der jetzigen Bergischen Buchhandlung, aber nicht alle Lenneper wissen, dass diese Buchhandlung in besonderer Weise zum alten Lennep gehört. Ich selber habe noch die im unten stehenden Beitrag genannten letzten Personen gekannt, Gertrud Schönenbach, geb. Schmitz sowieso, denn sie war ja fast bis die Gegenwart in Lennep sehr präsent. Anfang der 1960er Jahre war sie oft mit einem Büchertisch bei Lenneper Veranstaltungen präsent, und ich erinnere mich noch, dass ich bei einer solchen Gelegenheit im heute nicht mehr vorhandenen evangelischen Gemeindehaus in der Hardtstraße das Buch „Der Mann im Fisch“ des Schriftstellers Stefan Andres bei ihr erstand. Das Buch steht noch heute in meinem Bücherschrank. Aber auch an die Schwester Irmgard Schmitz kann ich mich noch erinnern. Sie verkaufte mir vor nunmehr mehr als sechzig Jahren in der Wetterauer Straße meine ersten Schulbleistifte. Damals war das Geschäft dort trotz der großen Schaufenster eher ein dunkles Verlies mit Theke und einer separaten Abteilung für Schreibwaren. Als ich im Jahre 1961 von Pfarrer Spengler konfirmiert wurde, da erhielt ich selbstverständlich auch von der Buchhandlung Schmitz einen „Blumenstock“ mit Gratulation. Weil das die Jüngeren unter uns u.U. nicht mehr so wissen: ein Blumenstock ist gemäß Duden eine Pflanze, die in einem Blumentopf wächst. Diese Aufmerksamkeit, für einen männlichen Konfirmanden vielleicht nicht übermäßig interessant, war dabei nicht nur als Werbung gedacht, sondern sie beruhte sicherlich auch darauf, dass die Familien ganz entfernt verwandt waren, der Kontakt bestand noch bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Übrigens war für den Konfirmanden das Schlimmste bei solchen Geschenken, dass man sich dafür auch persönlich bedanken musste. Viele weitere Erinnerungen habe ich natürlich an die Buchhandlung Schmitz über die Jahrzehnte, nicht zuletzt wurden später dort auch meine Lennepbücher vorgestellt und verkauft. Im Remscheider Generalanzeiger hieß es zum Schluss: Die seit 155 Jahren bestehende Buchhandlung R. Schmitz wird weitergeführt. Den Fortbestand des Traditionsgeschäfts in der Lenneper Altstadt sichert die Bergische Buchhandlung, die den Betrieb übernommen hat.

Abb. 1 Abb. 2
Die Wetterauer Straße vor 1910 und das Geschäft von R. Schmitz in den 1960er Jahren. Zahlreiche Lenneper Ansichtskarten wurden von der Buchhandlung selbst erstellt und verlegt.

Hier und heute in diesem Beitrag geht es um die Anfänge dieser Lenneper Buchhandlung und um deren 100. Geburtstag im Jahre 1950. Die damalige Firmenleitung verfasste damals dazu eine doppelseitige Information, die ich bis heute bei meinen Lennepmaterialien verwahre und in Ehren halte. Unter der Überschrift „100 Jahre Buchhandlung R. Schmitz“ hieß es damals:

„Polternd fuhr der Postwagen über das holprige Pflaster an der alten Post vorbei in die Einfahrtshalle des Berliner Hofes. Dienstbeflissen eilte der Pferdebursche zum Wagenschlag und half einem jungen Lenneper Buchhändler, der die Leipziger Messe des Jahres 1850 besucht hatte, aus dem Wagen, dem jungen Richard Schmitz. Nach vollendeter Lehrzeit bei dem Buchbinder Mittelstenscheid in der Wetterauer Straße hatte er sich entschlossen, eine eigene Buchhandlung zu eröffnen. In Leipzig hatte der junge Buchhändler sein Unternehmen der Spitzenorganisation des Buchhandels, dem „Börsenverein der Deutschen Buchhändler“ angeschlossen, dadurch wollte er von vorne herein dem jungen Geschäft die größtmögliche Leistungsfähigkeit sichern. Einkäufe waren schon getätigt, auch die Konzession für eine zu eröffnende Leihbücherei war gegeben worden. Ein reiches Katalogmaterial wurde besorgt, und dann erschien am 5. Oktober 1850 im Lenneper Kreisblatt folgende Anzeige:

Geschäftseröffnung

Den geehrten Bewohnern hiesiger Stadt und Umgegend mache ich hierdurch die ergebenste Anzeige, dass ich hierselbst eine Buchhandlung, verbunden mit den hierauf bezüglichen Geschäftszweigen errichtet und im Hause des Herrn Gustav Hammacher, an der evangelischen Kirche, eröffnet habe. Ausgebreitete Verbindungen setzen mich in den Stand, alle Aufträge zur Besorgung von Gegenständen der Literatur und Kunst möglichst schnell und billig auszuführen. In meiner Buchhandlung findet man stets ein Lager der neuesten Erscheinungen der Literatur, so wie auch viele der vorzüglichsten älteren Schriften und Werke. Alle Bücher, Zeitschriften, Atlasse, Landkarten, Kupfer- und Stahlstiche, Lithographien, Vorlegeblätter, Musikalien etc., – sie mögen nun durch besondere Anzeigen oder öffentliche Blätter und Zeitschriften angekündigt werden, sind stets, wenn auch mein Name nicht genannt ist, gleichzeitig bei mir zu haben, oder ich besorge dieselben in kürzester Zeit. Auch werden Subskriptionen und Pränumerationen auf alle Werke zu den Original-Bedingungen, so wie Abonnement auf Journale und Zeitschriften angenommen. Unter Zusicherung der aufmerksamsten, schnellsten und billigsten Bedienung empfehle ich mich dem Wohlwollen und Vertrauen eines sehr verehrlichen Publikums bestens.  Lennep, im October 1850 –  R. Schmitz

Abb. 3 Abb. 4
In der Zeit um 1900 bot die Buchhandlung Schmitz neben Lenneper Ansichtskarten auch Lenneper Bücher im eigenen Verlag an.

Damit hatte Richard Schmitz die erste Vollbuchhandlung im damaligen Kreise Lennep geschaffen. Er konnte literarische Auskünfte an Hand seines Katalogmaterials geben, und bald wusste die Einwohnerschaft Lenneps, dass jedes Buch, jede Zeitschrift, jedes Notenblatt, auch wenn es nicht am Lager war, in kürzester Zeit beschafft werden konnte. Richard Schmitz richtete ober in seinem Geschäft noch einen anderen Zweig ein. Zielstrebig baute er eine Abteilung mit Schreibwaren auf, und die anderen beiden Anzeigen, die in der gleichen Nummer des Kreisblattes erschienen, wiesen auf ein reiches Lager in Kalendern, Schreibmaterialien und roter und schwarzer Tinte hin. Das Geschäft blühte auf und entwickelte sich. Bald war das erste Ladenlokal zu klein und darum wurde das Haus Kölner Straße 7 gekauft. Dort in den neuen Räumen wurde weiter aufgebaut. Strebsam, zielbewusst und klug erweiterte Richard Schmitz seine Abteilung Papier-, Schreibwaren und Bürobedarf, um den fortschrittlichen Entwicklungen der Zeit Rechnung zu tragen. Seine besondere Liebe aber galt immer dem Buchhandel und den Büchern. Leider konnte sich der Gründer der Firma nicht lange des Geleisteten erfreuen. Zu früh starb er, erst 59jährig, im Jahre 1882. Das Geschäft wurde von seiner Ehefrau, Charlotte geb. Herzog weitergeführt, bis es der Sohn Ewald Richard Schmitz nach Beendigung seiner fachlichen Ausbildung übernahm. Mit energischer Arbeit konnte er die Firma mit Hilfe seiner Frau Meta, geb. Vesehoff, die bald die Seele des Ladengeschäftes wurde, weiterentwickeln. Auch die Räume des Hauses Kölner Straße 7 genügten den Anforderungen des aufblühenden Betriebes nicht mehr. 1902 wurde das Haus Wetterauer Straße 6 erworben, in dessen Räumen sich das Geschäft noch heute befindet.

Abb. 5
Vom Dach der heute nicht mehr existenten Hardtvilla an der Lüttringhauser Straße gelang Richard Schmitz 1887 dieser Blick über die neue Gartenstraße und die Lenneper Altstadt.  

Im Jahre 1921 wurden die beiden Kinder des Inhabers Richard und Elise in die Firma aufgenommen. Schon seit 1905 war Elise den Eltern und dem Geschäft eine starke Stütze geworden. Richard dagegen wurde für seinen Beruf als Buch- und Papierhändler in mehreren großen Betrieben ausgebildet. Seine Lehr- und Wanderjahre haben ihn über Aachen, Dresden, Kairo in Ägypten, Hof in Bayern, in die Schweiz an den Genfer See und nach Rom geführt. Zehn Jahre, von 1902 bis 1912, dauerte diese gründliche Ausbildungszeit. Den ersten Weltkrieg mit Inflation und Krisen überstand die Firma gut. Um der Kundschaft noch besser dienen zu können, schloss sich der Betrieb 1930 zwei Genossenschaften an: Der buchhändlerischen Genossenschaft „Kommissionshaus Deutscher Buch- und Zeitschriftenhändler in Leipzig“ und der „GDB Großeinkaufsvereinigung Deutscher Bürobedarfsgeschäfte in Köln“. Letzterer dankt die Firma ihre Leistungsfähigkeit im Bürobedarf.

Abb. 6 
Geschäftsanzeige im Gemeindebuch des Kirchenkreises Lennep aus dem Jahre 1952.

Im Jahre 1934 starb der Seniorchef der Firma nach einem langen Leben voller Arbeit und Erfolg, ein Jahr später als seine Frau. Sein Sohn Richard übernahm nun gemeinsam mit seiner Schwester endgültig die Leitung der Firma, unterstützt von seiner Frau Lilly geb. Einsel, die sich auch im Geschäft betätigte. Durch ihr offenes, verbindliches Wesen erwarb sie sich bald das Wohlwollen der Kundschaft. Leider verunglückte sie im Frühjahr des Jahres 1944 auf tragische Weise. Der zweite Weltkrieg mit seinen Ereignissen brachte einen Stillstand mit sich. Warenbeschaffungsnöte hemmten die weitere Entwicklung. Nach Kriegsschluss und nach der Währungsumstellung ging es wieder aufwärts. Die beiden Töchter des Inhabers, Gertrud und Irmgard, traten als Prokuristen in die Firma ein. So geht mit der jungen Generation das Leben weiter in einen neuen Abschnitt der 100jährigen Firma.

Das heutige so erfreuliche Jubiläum gibt uns Gelegenheit, der alten, langjährigen Kundschaft, allen Freunden, Bekannten und Mitarbeitern Dank zu sagen, Dank für bewiesene Treue und manche Hilfe. Es ist uns ein tiefempfundenes Bedürfnis zu versichern, dass wir auch in der Zukunft bemüht sein werden, uns Ihr Vertrauen weiter zu erhalten. Unser Dank gilt aber auch den Verlegern und Lieferanten. Manche von ihnen waren bemüht, uns auch in den schlechten Zeiten zu helfen, und mit vielen pflegen wir eine schon 100jährige Geschäftsverbindung. Wir danken auch ihnen für ihre verständnisvolle Mitarbeit und hoffen auf ein weiteres gedeihliches Zusammenwirken.

Richard Schmitz- Elise Schmitz – Remscheid-Lennep, 1. Oktober 1950
(alle Abb. Lenneparchiv Schmidt, 2021)

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