Mehr zufällig entdeckte ich jetzt im Internet eine Besprechung einer meiner früheren Arbeiten, und zwar aus dem Jahre 2002. Da ging es um Albert Schmidts „Kleinere Veröffentlichungen in der Zeitschrift „Die Thalsperre“ aus den Jahren 1902-1911“. Nicht dass ich diese seinerzeit mit erheblichem Aufwand und Schriftverkehr verbundene Aktivität vergessen hätte – sie diente ja auch der deutschen Architekturgeschichte sowie dem Archiv- und Bibliothekswesen. Ich hatte sie aber wohl im Hückeswagener Regionalteil des RGA nicht entdeckt. Die Besprechung wurde dann am 30.12. 2014 noch einmal geboten und beinhaltete ein Foto der alten Bever Staumauer von Frank Jockel.
Aber worum ging es damals? Hier noch einmal der Text des RGA-Beitrags:
„Hückeswagen. Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Zum Beispiel, dass es im Bergischen gern und häufig regnet. Das war schon um die Jahrhundertwende so. Gemeint ist das Jahr 1901. Damals wurde der Grundstein für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Bergischen Landes gelegt. Eigentlich waren es mehrere Grundsteine, denn das war die Zeit, als die Talsperren gebaut wurden.
Neben Professor Intze ist ein weiterer Name untrennbar mit dem Talsperrenbau verbunden: Albert Schmidt – Baumeister, Ingenieur und Architekt (1841 – 1932) aus Lennep. Dass Schmidt Baumeister der „alten“ Bevertalsperre war, dürfte vielen noch bekannt sein. Schmidt hat darüber hinaus eine Reihe von Schriften verfasst, die weitgehend unbekannt sind. Dr. Wilhelm R. Schmidt, Nachfahre des Lenneper Baumeisters, hat diese kleineren Arbeiten zusammengetragen und veröffentlicht. Dr. Schmidt hat alle Jahrgänge der Zeitschrift „Die Thalsperre“ ausgewertet, die unter wechselnden Titeln zwischen 1902/03 und 1911 herausgegeben wurde. Herausgeber war der Bürgermeister von Neuhückeswagen, Hugo Hagenkötter, der zeitweilig auch Vorsteher der Wupper-Talsperrengenossenschaft, der Vorläuferin des Wupperverbandes, war.
Talsperrenbau war noch relatives Neuland. Die Landschaften wurden massiv verändert und die Talsperrenbauer sammelten mit den neuen Bauwerken Erfahrungen. Deshalb gab der Hückeswagener Bürgermeister diese Zeitschrift heraus. Ein Blatt, das „aus der Praxis für die Praxis“ gedacht war. Deshalb verfassten auch namhafte Talsperrenbaumeister wie Albert Schmidt regelmäßig Beiträge für „Die Thalsperre“.
Zum Beispiel beschäftigte er sich in einer der ersten Ausgaben ausführlich mit Grundwasserleitungen in Gebirgsgegenden. Darin stellte er unter anderem fest: „In Gebirgsgegenden enthalten die Täler meistens sehr wenig oder gar keine reinen Kiesschichten. Die über den felsigen Untergrund lagernden Erdmassen sind sowohl an den Hängen wie in dem Talboden Verwitterungsprodukte der Felsen, Steinstücke vermischt mit Lehm, welche wenig porös und geeignet sind, größere Mengen Grundwasser anzusammeln und aufzuspeichern.“ Eine wesentliche Erkenntnis für den Talsperrenbau. Dass die Beiträge aus der „Thalsperre“ – nicht nur für Heimatforscher eine wahre Fundgrube – überhaupt einer größeren Öffentlichkeit zugänglich sind, ist Dr. Wilhelm Richard Schmidt zu verdanken. Er hat bereits einige Arbeiten über seinen Vorfahren veröffentlicht. Die in der Broschüre wiedergegebenen Aufsätze von Albert Schmidt entstammen ganz unterschiedlichen Jahrgängen der Publikation Hagenkötters. Die Jahrgänge sind heute nur noch in wenigen Bibliotheken und Archiven vorhanden, vollständig überhaupt nur bei der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn und der Fachbibliothek des Umweltbundesamtes in Berlin. Entliehen werden die historischen Materialien natürlich nicht. Im Jahr 2002 konnte Dr. Schmidt von der Berliner Institution dennoch einige Bände entleihen. Eine Spezialfirma filmte alle mit handschriftlichen Eintragungen versehenen Jahrgänge der „Thalsperre“. Nach der Gesamtdigitalisierung stand die Zeitschrift zunächst auch als CD-ROM zur Verfügung und ist nunmehr im Netz als Volltext niedergelegt:
http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/15437
Die Beiträge des Lenneper Architekten Schmidt haben durchaus auch aktuellen Bezug. Er beschäftigt sich neben seiner Schilderung mehrerer Talsperren im Bergischen Land und anderswo unter anderem auch mit der Bedeutung der Wasseranlagen als Schutz vor Hochwasserkatastrophen. Ein Thema, das im vergangenen Jahr wieder eine kaum vorhersehbare Aktualität erhielt. Schmidts Talsperrenbauwerk an der Bever hat zwar heute keine wassertechnische Bedeutung mehr – die von ihm erbaute Staumauer in Wefelsen ist durch den 1938 erbauten Damm überflüssig und überflutet – dennoch zeigt sie, wie damals der Grundstock für das Hochwasserschutzsystem durch den Bau mehrerer Talsperren gelegt wurde. Noch heute dienen Bever und nun vor allem die Wuppertalsperre der Wasserregulierung der Wupper. Die spielte vor Jahrzehnten als Lebensader für die aufstrebende Wirtschaft eine noch größere Rolle als heute.
Für heimatkundlich Interessierte ist das 86 Seiten starke Heft eine hochinteressante Lektüre. Nicht nur, weil viele Details bis hin zu den Niederschlagswerten der damaligen Zeit an Bever, Lingese und anderen Talsperren enthalten sind. Interessant und amüsant sind mitunter auch die Anzeigen aus der damaligen Zeit. Beispielsweise von der „Buch-, Accidenz- und Zeitungs-Druckerei Förster & Welke“ aus Hückeswagen, die sich empfiehlt, weil sie „mit den neuesten Hülfsmaschinen ausgestattet“ ist. “ Soweit die Besprechung mmeines Bändchens aus dem Jahre 2002.
Inhaltsverzeichnis des kommentierten Auswahlbändchens aus dem Jahre 2002
Titelblatt des ersten Bandes der Zeitschrift „Die Thalsperre“ (erster Jahrgang 1902/03)
Vorwort „Unsere Bestrebungen“ (ohne Autorenangabe)
Jahresbericht über die Wuppertalsperren im Jahre 1902 (ohne Autorenangabe) …S.4
Aufsätze von Albert Schmidt:
Grundwasserleitungen in Gebirgsgegenden (I und II) …S.10
Die Regulierung des Wasserabflusses der Wupper durch weitere Talsperrenanlagen in Verbindung mit Ausgleichsweihern (I,II,III) …S.15
(Der Ausgleichsweiher Klaswipper, Der Ausgleichsweiher und Talsperre Hammerstein, Der Ausgleichsweiher Wiesenkotten, Der Ausgleichsweiher Auerkotten, Berechnung des Nutzens der Wupperregulierung)
Der Schwimmerwehraufsatz …S.23
Die Wasserkräfte der Ahr …S.25
Die Wuppertalsperren …S.28
Die Wasserkräfte und das Industriewasser der Wupper in Elberfeld und Barmen …S.31
Wasseranlagen im Ahrgebiet als Schutz gegen Hochwasserkatastrophen …S.33
Wasserabfluss der Bever- und Lingesetalsperre sowie des Ausgleichsweihers Dahlhausen vom 2.Okt. bis 8.Oktober 1910 …S.38
Vergleichende Darstellung von Wasserkraftanlagen: …S.39
Die Wasserkraftanlage Rheinfelden in Baden am Rhein …S. 42
Die Wasserkraftanlage an der Ennepetalsperre …S. 45
Das Wasserkraftwerk Heimbach an der Urfttalsperre …S.50
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Chèvres an der Rhone bei Genf …S. 56
Das Kanderwerk „Motor“ bei Spiez am Thunersee …S. 60
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Kubel bei St. Gallen …S. 64
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk „Brusio“ zu Campocologno in Graubünden …S. 67
Die Wasserkraft-Elektrizitätswerke im Wuppergebiet: …S.70
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Krähwinklerbrücke, A.G., an der Wupper …S. 71
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Schlenke an der Wupper …S. 74
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk „Bergisches Elektrizitätswerk“, Müngsten …S. 76
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Solinger Wasserwerk Glüder a. d. Wupper …S. 79
Vergl.Tabelle der Wasser- und Betriebsverhältnisse oben beschriebener Werke …S. 83
Titelblatt des letzten Bandes Der Zeitschrift „Die Talsperre“ aus dem Jahre 1911 …S.85
Wasserabfluss der Bever- und Lingesetalsperre, sowie des Ausgleichweihers Dahlhausen für die Zeit vom 1. bis 31. Oktober 1911 …S.86