Fotos aus dem Alten Lennep

20 Februar 2019 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Heute zeigen wir hier ein paar Schwarz-Weiß-Fotos aus  Lennep, von denen manche 70, die meisten aber rund 100 Jahre alt sind. Es handelt sich dabei nicht um Ansichtskartenfotos, obwohl sie z.T. tatsächlich auch für Lenneper Ansichtskarten verwendet wurden. Für mein im Jahre 2007 herausgekommenes Buch mit dem Titel „Aus dem Alten Lennep – Sagen und Erzählungen – Geschichten und Geschichtliches“ suchte ich seinerzeit nach historischem Bildmaterial, und ich nahm mir damals vor, dieses Buch nicht mit dem rund 750 Einheiten umfassenden Ansichtskartenmaterial zu bestücken, das ich fünf Jahre zuvor im Rahmen eines ganzen Lennep-Konvoluts von einem Lennepsammler (er nannte sich selbst so) erworben hatte. Durch private Beziehungen stieß ich seinerzeit auf den Nachfahren eines Lenneper Fotografen, der selbst über ein großes Konvolut von frühen Glasplattenfotos aus Lennep verfügte. Die historischen Bildautoren unserer heutigen Fotos waren Mitglieder der Lenneper Familien Fritz Lüns von der Knusthöhe, Dr. Fritz Schulz sowie der Fotograf Fritz Schurig, der am Alten Markt in Lennep in den Jahren 1932 bis 1963 ein Fotogeschäft betrieb, das vielen älteren Lennepern auch heute noch im Bewusstsein ist. Ein paar Beispiele der genannten Fotografen, die sich übrigens auch gut untereinander kannten, werden hier und heute noch einmal wiedergegeben, egal, ob man sie nun als professionell oder amateurhaft bezeichnen mag, das Gemeinsame ist nämlich das Interesse am historischen Lennep, und natürlich sind unter diesem Gesichtspunkt auch Beispiele interessant, die, wie man so schön sagt, „ordentlich verwackelt“ sind. Natürlich hätte man sie nicht verkaufen mögen oder können, aber vom Fotografen Fritz Schurig ist in Lennep ja bekannt, dass er durchaus manche seiner Fotos auf speziellen Abzügen signierte, als Werbung verschenkte und eben auch verkaufte. Die Abbildungen zeigen das Lenneper Leben ungefähr zwischen 1910 bis 1920 (Lüns), während des sog. Belagerungszustands um 1919/1920 (Schulz) sowie in den 1930er Jahren und der ersten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg (Schurig). Sie waren, abgesehen von einzelnen Fotos von Fritz Schurig, bis zu meinem Buch von 2007 unveröffentlicht.

Abb. 1 Botengasse in Lennep , Bildautor Fritz Lüns Abb. 2 Kraspütt in Lennep, Bildautor Fritz Lüns

Die Fotografen haben schon immer gern historische Winkel und schmale Gassen abgelichtet. Das war und ist bezüglich Lenneps bis heute so. Allerdings kam vor hundert Jahren i.d.R. wenig Farbe aufs Bild, bei den Ansichtskarten höchstens durch die nachträgliche „Colorierung“ per Hand. Aber das ist wieder eine andere Geschichte, heute stehen hier die Schwarz-Weiß-Zeugnisse des Alten Lennep im Vordergrund. Auf dem linken oberen Bild sehen wir die historische Lenneper Botengasse, in der nach der Überlieferung  um 1750 die Beyenburger und Schwelmer Boten wohnten, mit dem obersten großen Haus der Greuelgasse im Hintergrund. Die Botengasse haben wir heute zwar aus vergangener, jedoch miterlebter Zeit, sehr bunt und ansprechend in Erinnerung, sie gehörte aber um 1900 nicht gerade zu den Vorzeigearealen Lenneps. Natürlich war der Fotograf bei seinen Aktivitäten vor Ort auch ein Ereignis für die Jugend. Unsere Kindergruppe hier ist eben nicht wie bei den professionellen Ansichtskartenfotos seinerzeit nach dem Gusto des Produzenten künstlich eingebracht, sondern es handelt sich um echte Lenneper Kinder. Vielleicht erkennt ja heute ein Nachfahre sogar seine Großmutter oder seinen Großvater. So etwas ist mir bei einem Mollplatzfoto vor Jahren schon einmal passiert. Das rechte obere Foto, ebenfalls vom Lenneper Fritz Lüns gemacht, bedarf keiner großen Erklärung. Jeder Lenneper, ob alt oder jung, weiß sofort, wo es gemacht wurde, nämlich im Kraspütt vor dem ehemaligen Geschäft von Käse Kugel. Auch wenn ich selbst hier den historischen Zaun und die Ausfahrwagen der Firma nicht mehr erlebt habe, so ist mir doch der abgelichtete Vorplatz recht speziell in Erinnerung. Ich weiß noch gut, wie in meiner Jugend zur Schützenfest- bzw. Kirmeszeit das Lenneper Trommler- und Pfeifer-Corps der Vereine just hier Station machte, um einem wichtigen Mitglied am Sonntag ein frühes Morgenständchen zu bringen, wobei man sich durch einen auf einem Tablett servierten Schnaps stärkte, und natürlich war dieser Schnaps nicht der einzige beim morgendlichen Rundgang mit Musik, der im Übrigen nicht bei allen am frühen Sonntag noch schlafenden Bewohnern Alt-Lenneps beliebt war. Immer kam der kleine Aufzug damals auch bei meinem Elternhaus gegenüber dem Berliner Hof vorbei, und mir hat es als Kind immer Spaß gemacht, auch ohne den Schnaps.

Abb. 3 Splittergasse in Lennep, Bildautor Fritz Lüns Abb. 4, Kraspütt in Lennep, Bildautor Fritz Lüns

Die Lenneper Splittergasse (oben links) war früher auch ein gefragtes Motiv für die Fotografen, nicht zuletzt wegen des exquisiten Gebäudes hinten an der Wallstraße, und lange bevor wie hier im Vordergrund die Moderne einzog. Die Lenneper führen den Namen auf ein früher in der Nähe liegendes Spital zurück, als weitere Namen sind auch Spitelgasse oder Spiteler Gasse überliefert. Unsere Großeltern hatten den Bereich ebenso wie das nahe Kraspütt meist unter dem Gesichtspunkt der eher unbemittelten Leute in Erinnerung, die dort wohnten, was sich im Volksmund am ehesten in dem überlieferten „Lied der schönen Jugend“ ausdrückt. Dort heißt es: „In der schönen Splittergass, da wohnen schöne Leut, dä Tremmel und dä Baldiwin und dä Arnold Seut. Die enen sind besoopen, die angeren, die sind voll, und alle fünf Minuten, send se kusendoll“. Das Wort „kusendoll“ könnte uns durchaus zu rheinisch-bergischen Sprachüberlegungen anregen, und ob die in der Gasse wohnenden Leute „schön“ waren bzw. es dort „schön“ fanden – auch das lassen wir mal dahingestellt, jedenfalls sorgt das genannte Lied bei Stadtführungen, auch und gerade unter dem Gesichtspunkt „schräger historischer Typen oder Originale in Lennep“ durchgängig für Erheiterung. Mit dem rechten oberen Foto kehren wir noch einmal in das Kraspütt zurück, den Bereich Lenneps, in dem sich früher ein befestigter Pütt, also ein Brunnen befunden haben soll, der sich vom  darüber erhebenden Hippenberg und/oder auch von der Quelle an der „Dicken Pumpe“ zwischen der Kölner und der Wetterauer Straße speiste. Das Areal war früher eigentlich wie so viele Stellen in Lennep durchgängig feucht, was aber nicht verhinderte, dass im Jahre 1746 genau hier der letzte und größte Lenneper Stadtbrand ausbrach. Zu erklären, warum die Gassen hier besonders eng waren, und warum die alten Fachwerkhäuser z.T.  im ersten Stockwerk über die Gassen gebaut wurden, ist hier nicht der Ort. Wir können aber feststellen, dass das Kraspütt hier auf dem alten Foto von Fritz Lüns ordentlicher und sauberer erscheint als zwischendurch nach dem Zweiten Weltkrieg, bevor es langsam wieder, und die abgebildete Ecke zumal, zu einer bevorzugten und werbewirksamen Örtlichkeit im Alten Lennep wurde.

Abb. 5, Bahnhof in Lennep um 1920, Bildautor Dr. Fritz Schulz Abb. 6 Tross auf der Kölner Str. um 1920 in Lennep, Bildautor Dr. Fritz Schulz

Kommen wir nun zu den Lennep Fotografien von Dr. Fritz Schulz, die allesamt aus der Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg stammen. Es gibt bei ihm Fotos, die die Rückkehr der deutschen Reichswehrangehörigen durch Lennep zeigen, z.B. am Schwelmer Tor, ein anderes Mal mit einer Kanone vor dem Berliner Hof, natürlich war der Lenneper Bahnhof damals und kurz danach, als sich linke und rechte Formationen bekämpften, immer von großer Wichtigkeit. Auf dem linken oberen Foto erkennt man den Bahnhof natürlich sofort, und auch seine ursprüngliche Schönheit mit dem kupferbewehrten Vordach und den durchaus künstlerischen Glasbausteinen im Jugendstil um 1910/1911. Auf dem rechten Foto oben muss man vielleicht zweimal hingucken, bis man erkennt, dass sich der abgebildete Tross in Richtung Remscheid bewegt. Natürlich befindet er sich gerade auf der Kölner Straße, ganz oben rechts erblickt man einen Teil des Schriftzugs „Glas, Farben, Lacke“ des Geschäfts von Daniel Witscher, besser zu sehen auf dem nächsten Foto unten links. Der Hausherr scheint hier den vorübergehenden Zug zu beobachten, bei dem es sich wohl um eine rechtsnationale Formation handelt. Ob nun rechts oder links – Umzüge und Aufmärsche haben früher viel Volks angezogen, in jedem Fall mehr als heute, wo uns die modernen Kommunikationsmittel in Nullkommanichts das Neueste aus der ganzen Welt präsentieren. Auf dem vierten Foto von Dr. Fritz Schulz sieht man, wie sehr die Musik auch die Frauen und Kinder begeisterte, auch hier ging es in Richtung Bahnhof, wo es vielleicht eine Kundgebung gab.

Abb. 7 Aufmarsch Kölner Str. um 1920 in Lennep, Bildautor Dr. Fritz Schulz Abb. 8 Aufmarsch Bahnhofstr. um 1920 in Lennep, Bildautor Dr. Fritz Schulz

Jetzt noch die Fotos von Fritz Schurig (1890-1971). Viele Lenneper waren bei ihm Kunde in seinem Geschäft am Alten Markt. In meinem Elternhaus hingen mehrere  signierte Fotografien von ihm. Man sagte ihm nach, dass ihn das Hell-Dunkel bei den Aufnahmen besonders reizte. Natürlich kommt das Lenneper Röntgenmuseum öfters bei ihm vor, und wie man hier sieht, bei Tag und bei Nacht. An das oberhalb des Museums liegende Textilgeschäft Hummelsiep kann ich mich noch gut erinnern, es musste später der Neugestaltung des ganzen Areals zwischen Hardt-, Schwelmer und Wallstraße weichen. Auch das nahe Röntgendenkmal schräg gegenüber am Thüringsberg hat Fritz Schurig immer wieder abgelichtet. Weiterhin sehen wir hier eine Partie der Wallstraße zwischen dem Berliner Hof und der Sackgasse. Immer wieder die alten schmalen Lenneper Gassen wie bei dem  Blick vom Gänsemarkt hier auf die evangelische Stadtkirche über die Pastoratstraße und Bocksgasse. Viele der Fotografien kennt man auch aus späteren Bildbänden oder sonstigen Veröffentlichungen, die das alte Lennep zeigen und für das heutige Lennep werben sollen. Und auch ohne Colorierung tun sie das in hervorragender  Weise.

Abb. 9 Am Kölner Tor mit Röntgenmuseum, Bildautor Fritz Schurig Abb. 10 Wallstr., Bildautor Fritz Schurig
Abb. 11 Röntgenmuseum bei Nacht, Bildautor Fritz Schurig Abb. 12 Pastoratstraße, Bildautor Fritz Schurig

Soweit unsere Bilderschau aus mehreren Jahrzehnten der Lenneper Geschichte. So manche private Fotosammlung schlummert sicherlich noch bei Lenneper Familien, die historisch gesichert und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden könnte und sollte. Unsere heutigen Beispiele wären es wert, mit großformatigen guten Fotoabzügen als Ausstellung gezeigt zu werden. Dabei wären nicht nur die Herkunft und die Datierungen interessant, sondern auch das, was den Besuchern bei der Betrachtung dazu einfällt, z.B. die Erinnerungen an die eigene Kindheit. Wie oben erwähnt ist ein Teil der heute hier angesprochenen Fotografien bereits 2007 in einem meiner Lennepbücher veröffentlicht worden. Dieses Buch erhält man immer noch in Buchhandel, Antiquariat und Internet sowie in Lennep auch im Lennepladen in der Wetterauer Straße und im Tuchmuseum. Zum Wiedererkennen hier noch einmal das Cover:

Abb. 13 Text- und Bildband von Wilhelm R. Schmidt (2004 und 2007)

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