„In Lennep gibt es eine Unterwelt. Das klingt nach Krimi, hat aber nichts mit lichtscheuen Elementen zu tun. Hier geht es um die unterirdisch fließenden Bäche, um das alte Kanalnetz in der Lenneper Altstadt“. So begann vor nunmehr fast 50 Jahren ein Zeitungsaufsatz in der heimischen Presse, der sich u.a. auf Aufzeichnungen des zeitweilig im Stadtarchiv tätigen Kapitäns a. D. Paul Windgassen und auf verschiedene Arbeiten von Albert Schmidt stützte, dem bis heute wohl bekanntesten Spezialisten der historischen Wasserwelt in Lennep. Dass die Lennepe irgendwie durch Lennep fließt, das ist auch heutzutage Stoff im Schuluntericht. Aber wo entsteht sie und wie ist ihr Verlauf? Albert Schmidt beschrieb vor ca. 100 Jahren mehrfach, dass die Lennepe hauptsächlich durch zwei Quellbäche entsteht, deren Verlauf wegen der späteren Kanalisation und der vielen sonstigen baulichen Veränderungen dem modernen Stadtbild jedoch nicht mehr anzusehen ist.
Immer wieder beschrieb und zeichnete Albert Schmidt die „Wasserverhältnisse im alten Lennep“. Besonders oft zeichnete er sie bezüglich des Gebiets, auf dem er selber aufgewachsen und später wohnhaft war, nämlich an der Knusthöhe und dem nahen Thüringsberg. Rechtes Bild: An dieser späteren Häuserfront vorbei zog sich der einer der talwärts fließenden Quellbäche der Lennepe. Nicht umsonst nannte man den dortigen Weg, als er denn befestigt war, Bachgasse, später dann Bachstraße.
Der östliche Quellbach der Lennepe entsprang, wie unsere Großeltern noch wussten, zwei Quellen in der Nähe der Häuser Schillerstraße 14 und Wiesenstraße 2. Beide vereinigten sich in dem Engelsteich (Teich von Daniel Engels) zwischen den Häusern Wiesenstraße 3 und 13. Heute wird das Wasser beider Quellen durch die Kanalisation aufgenommen und den Engelsteich gibt es nicht mehr, allenfalls auf den historischen Skizzen des genannten Albert Schmidt, der von 1842 bis zu seinem Tode 1932 an der Knusthöhe wohnte und ihre Umgebung immer wieder unter dem Gesichtspunkt der Wasservorkommen beschrieb. Früher lief das Wasser vom Engelsteich im offenen Bett zum Lüttringhauser Teich am heutigen Thüringsberg, und von da aus unter den ehemaligen Fabrikgebäuden dort über den Gänsemarkt in die Bachstraße. Noch im 19. Jahrhundert verlief die Bachstraße über ihre heutige Lage hinaus parallel zur Pastoratstraße in Richtung Gänsemarkt. Auf dem beschriebenen Wege passierte der Bach einen weiteren Teich, den Pastoratsteich, zeitweilig auch Jahnsteich genannt. Bei der frühen Befestigung der Lenneper Straßen und Gassen wurde dieses offene Bachbett, wie alle übrigen auch, abgedeckt und dann gepflastert. Das wurde erst 1883 bei der Erneuerung der Kanalisation durch Albert Schmidt wieder bekannt. Von der Bachstraße aus folgte die Lennepe dem Gefälle der Schwelmer Straße bis zur Mühlenstraße.
Eine weitere Zeichnung von Albert Schmidt zeigt, wie der zweite hauptsächliche Quellzufluss der Lennepe verläuft. Man sieht, wie er von der Schlachthofstraße durch den Hardtschen Teich zwischen Garten- und Poststraße überdie Sackgasse in Richtung Markt fließt. Gut erkennbar sind auch die Brandteiche an der Ecke von Poststraße und Sackgasse sowie am Kölner Tor. Die früher offen liegenden Brandteiche in Lennep wurden nach und nach überwölbt.
Unter der Altstadt
Der westliche Quellbach der Lennepe entsprang in den sog. Kütterwiesen an der heutigen Lenneper Schlachthofstraße. Von dort führte sein Weg bis 1867 (Bau der Eisenbahn und der Gartenstraße) im offenen Bett zu einem Teich im Hardtschen Park zwischen der heutigen Garten- und Poststraße, und weiter durch den Park hinunter in den Pörtzchesteich an der Ecke der Poststraße zur Sackgasse. Vielen älteren Lennepern ist noch im Bewusstsein, dass auf dem Areal des einstigen Teichs lange das Gerätehaus der Lenneper Feuerwehr gestanden hat, bevor im Jahre 1927 am Jahnplatz ein neues Feuerwehrhaus errichtet wurde. Der Pörtzchesteich hatte zwei Abflüsse. Der eine durchlief teils gedeckt, teils ungedeckt die Sackgasse und den Markt und vereinigte sich an der Schwelmer Straße mit dem östlichen Quellbach. Von dort führte der Weg weiter hinter den Häusern an der Südseite der Mühlenstraße entlang ins Wiesental der Lennepe, wo später durch die Aufschüttungen von Unrat eine sich nach außen erweiternde Müllkippe gebildet wurde. Die so entstandene durch sog. Flößrinnen strukturierte Fläche war der Vorläufer des heutigen Jahnplatzes, der eine Zeit lang auch Kaiser-Friedrich-Platz hieß. Der zweite Abfluss des Pörtzchesteiches führte durch einen Kanal zum Kölner Teich am Kölner Tor bzw. dem heutigen Bismarckplatz. Auch er besaß wiederum zwei Abflüsse. Einer unterquerte die Kölner Straße und trat dann neben einem Feldweg wieder zutage. Dieser Weg wurde später zur Steinstraße ausgebaut und heißt heute Wupperstraße. Der Bach folgte ziemlich genau dem heutigen Straßenverlauf und mündete im Wiesental in die Lennepe.
Blick über die Lackfabrik Grüderich auf das Areal des späteren Jahnplatzes und Stadions. In der Bildmitte erkennt man die Anschüttung und Planierung des Lenneper Mülls.
Der zweite Abfluss des Kölner Teiches führte in die Stadt. Wie das Bachbett genau verlief, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es besteht aber die Vermutung, dass es der Wetterauer Straße bis zum Markt folgte und sich dort mit dem Bach vereinigte, der aus der Sackgasse kam. In jedem Fall führten alle Verzweigungen der Bachverläufe letztendlich auf den heutigen Jahnplatz, auf dessen Fläche sich früher auch eine Drahtmühle befand. Viele Zeugnisse aus dem 19. Jahrhundert beschreiben dieses Areal eindrucksvoll als den schmutzigsten Teil Lenneps, da ja vor der Einführung der Kanalisation, bei der erstmals die Wasserleitungen effektiv von den Fäkalienkanälen getrennt wurden, jedweder Unrat Lenneps hierhin gespült wurde, nicht nur die Fäkalien, sondern auch kleinere tote Tiere und, und, und. So wunderte man sich später auch, dass nun ausgerechnet in diesem Bereich der Mühlenstraße eine Volksschule errichtet wurde. Die Schüler hätten sich aber sehr gefreut, im Sommer auf den fast ausgetrockneten, mit Schlamm gefüllten und stinkenden Flößrinnen zu rutschen wie im Winter auf Schnee und Eis, und immer wieder wurde hervorgehoben, dass auch die Anwohner des Areals sich jederzeit bester Gesundheit erfreut und ein hohes Alter erreicht hätten.
Über eine lange Zeit war im Bereich des früheren Pörtzchesteichs an der Poststraße das Gerätehaus der Lenneper Feuerwehr angesiedelt. Unter der Poststraße her führte der Weg des westlichen Quellbachs der Lennepe aus dem Arnold Hardtschen Park (rechts) zum Pörtzchesteich und von dort hinunter in die Altstadt und nach rechts zum Kölner Tor.
Vier Sammelteiche überwölbt
Der Schwelmer, der Lüttringhauser, der Pörtzches- und der Kölner Teich, sie alle wurden im Verlauf der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach und nach überwölbt. Vom hinteren Schwelmer Teich unter dem heutigen Röntgen-Denkmal ist ebenso wie vom Pörtzchesteich Ecke Sackgasse / Poststraße nicht bekannt, wann genau die Überwölbung erfolgte und wer sie veranlasste. Vom Kölner Teich wissen wir, dass der Tuchfabrikant Peter Schürmann sich bereits 1804 um dessen Ankauf bemühte. Aber erst 1836 wurde der Kaufvertrag zwischen der Stadt Lennep und Peter Schürmann unterzeichnet. Er ließ den Teich reinigen, überwölben und legte darauf eine kleine Parkanlage an, die er der Stadt Lennep zum Geschenk machte, zur Erholung der Bevölkerung. Dieser Platz hieß später Bismarckplatz. Seit 1922 wird er nur noch im Volksmund so genannt. Offiziell gibt es diese Bezeichnung heute nicht als Straßenname, wohl aber als Bezeichnung der ehemaligen Straßenbahn- und heutigen Bushaltestellen dort. Als der Tuchfabrikant Peter Schürmann 1836 den historischen Kölner Teich zu wirtschaftlichen Zwecken erwarb und überwölben ließ, da hatte er laut Kaufvertrag den unterirdischen Teil des ehemals städtischen Areals auch zu erhalten und zu pflegen. Albert Schmidt berichtet in seinen Lebenserinnerungen, dass er als junger Baumeister von Peter Schürmann den Auftrag erhielt, das Mauerwerk zu sichern, wobei es zu Auseinandersetzungen um den Preis kam. Schürmann wollte nicht zahlen, und erst die Drohung, ihm die Arbeiter aufs Büro zu schicken, veranlasste den Firmenchef, das Honorar zu entrichten.
Der Bismarckplatz lag z.T. über dem ursprünglichen Brandteich am Kölner Tor und wurde mit Springbrunnen, Wasserhäuschen, Milchhäuschen und einer Wetterstation als Parkanlage genutzt. Anfang der 1930er Jahre entstand zur Kölner Straße hin der Löwenbrunnen. Die gemauerte Umbauung des Areals am Löwenbrunnen gibt ungefähr die Dimension des früheren Brandteichs wieder. Immer wieder versucht man bis heute, hier mal unberechtigt in die Tiefe zu gelangen.
Der Lüttringhauser Teich zwischen dem heutigen Mollplatz und der Schwelmer Straße wurde nach den Unterlagen im Stadtarchiv auf Beschluss des Stadtrates vom 3. Juli 1846 überwölbt. Den Antrag stellte der Tuchfabrikant Johann Engelbert Hardt, der die Baukosten mit 400 Talern bezuschusste. Den Rest der Baukosten stellte er der Stadt Lennep als Darlehen zur Verfügung. Die Tilgung sollte bis zum 1. Dezember 1847 erfolgen. Hardt stellte jedoch eine Bedingung: Auf der durch die Überwölbung neugewonnenen Fläche oberhalb eines früher fast vier Meter tiefer gelegenen schmalen Gartenweges sollte eine respektable Promenade mit Bäumen angelegt werden, ein durchaus nicht uneigennütziger Wunsch, denn die Familie war in der Krümmung der späteren Alleestraße (heute Thüringsberg) seit Mitte der 1830er Jahre mit einem respektablen Wohnhaus präsent. Wenn die Stadt jedoch das Areal anderweitig benutzen sollte, so musste der Betrag von 400 Talern ebenfalls als Darlehen angesehen und getilgt werden. Durch die Gesamtaktion einschließlich des Abbaus einer uralten Fabrik wurden damals die Voraussetzungen einer Verlängerung des heute so genannten Lenneper Speckgürtels vom Kölner Tor über Poststraße und Mollplatz bis zur Schwelmer Straße hin geschaffen. Auch dies wurde von Albert Schmidt in seinen Lebenserinnerungen ausführlich beschrieben. Er kaufte vor Ort sogar ein altes bergisches Doppelhaus, baute es ab und ließ es an der Borner Straße wieder entstehen. Es existiert dort noch heute, allerdings seiner ursprünglichen Schönheit beraubt.
Die Entstehung der heutigen Straße am Thüringsberg zog sich über viele Jahrzehnte hin. Erst 1888 wurde sie modern gepflastert. Das Postkartenfoto um die vorletzte Jahrhundertwende zeigt die einstige Alleestraße in voller Pracht. Die darunter liegenden Teiche sind überwölbt, die Alleebäume haben sich entwickelt, und das Betreten der eingezäunten Rasenflächen ist natürlich bei Strafe verboten.
Verschlammung der Kanäle
Der eingangs hier erwähnte historische Zeitungsaufsatz beschäftigte sich u.a. auch mit den überlieferten Dokumenten zur Verschlammung der unterirdischen Wasserwege. So beschwerte sich im Jahre 1857 der Lenneper Bürger Carl Mittelstenscheid bei Bürgermeister Trip über die Auswirkungen der Verschlammung eines Kanals in der Wetterauer Straße. Dieser Kanal lag etwa vier Meter unter der Straßenoberfläche. Wahrscheinlich handelte es sich hier um ein ehemals offenes Bachbett, das man später kanalisierte und mit Steinplatten abdeckte. Die Beschwerde beschreibt die Verstopfung eines Kanals zwar sehr ausführlich, aber bereits aus früheren Jahren liegen Meldungen über Schäden am alten Kanalsystem vor. So meldete schon im Jahre 1817 ein Peter Henke die Verstopfung eines Kanals, dessen zurücktretende Wasser seinen Brunnen verunreinigten. Wie aber kam es zu der Verunreinigung des gesamten Kanalsystems? In und um Lennep gab es seit dem Mittelalter ca. 30 sog. Erdfänge. Diese wurden in die Bäche gebaut und stauten das Wasser, das nach Ablage des Schlamms seitlich weiter in das Tal floss. Erst mit dem Beginn der Straßenpflasterung wurden die Erdfänge als hinderlich angesehen und abgebaut. Nun aber fanden Schlamm und Geröll ungehindert den Weg in die Teiche und es gab Schäden an der Kanalisation.
Klagen der Pfarrer
Die Verschlammung der Teiche hatte damals auch rechtliche Folgen. Im Mai 1835 richtete Pfarrer Westhoff an den Bürgermeister Wille ein Schreiben, in dem er die Stadt auffordert, für die Instandstellung und Umzäunung des Pastoratteiches zu sorgen. Er machte darauf aufmerksam, dass der Teich zwar Eigentum der ev. Gemeinde, aber dennoch die Stadt für die Instandhaltung verantwortlich sei, weil der Teich im Falle eines Brandes als Löschteich in Anspruch genommen werden solle. Die mangelhafte Umzäunung stellte nach Ansicht des Pfarrers eine Gefahr für seine Kinder dar. Ähnlich muss es auch dem katholischen Pfarrer im Kloster ergangen sein. Auch er hatte sich über die Verschmutzung eines Teiches nördlich des Klosters beschwert. Aus umliegenden Häusern flössen die Fäkalien in diesen Teich, dessen Wasser in die tiefer gelegenen Brunnen drang. Zwar wurde der Übelstand beseitigt, die Maßnahme kam jedoch zu spät, denn inzwischen war die Cholera ausgebrochen.
Die uns heute unter dem Namen Jahnplatz bekannte Fläche diente bis 1883 zur Ableitung des Lenneper Wassers. Auf dem Grund der späteren Badeanstalt befand sich vormals ein Schlammteich, von dem in Flößrinnen Wasser und Unrat ins Wiesental der Lennepe geleitet wurden. Abb. 13: Zuletzt sehen wir den Lenneper Jahnplatz, wie ihn die Älteren von uns noch kannten. Aber diese Zeit ist auch bald vorbei, wenn ein Outlet Center hier entstanden sein wird.
Opfer der Cholera
In der Zeit vom 8. August bis 3. Oktober 1849 starben in Lennep 211 Menschen an dieser Seuche, hervorgerufen durch Fahrlässigkeit. Albert Schmidt, der für die Stadt Lennep in den 1880er Jahren eine moderne Kanalisation realisierte, erlebte Lenneps Choleraepidemie im Alter von acht Jahren und beschrieb sie später so: „Das Schützenfest von 1849 war zu Ende, als die Schreckensbotschaft von Mund zu Mund eilte. Ein Kutscher aus Köln war am letzten Schützenfesttage an der Cholera gestorben. Es dauerte nicht lange, da verbreitete sich die Krankheit in den engen Gassen. In der Splittergasse, der Kunstgasse, dem Kraspütt und auf dem Munsterplatz hatte sie den richtigen Nährboden gefunden. In kurzer Zeit starben viele Bewohner der Stadt und eine allgemeine Panik ergriff die Gemüter. Jeder, der es ermöglichen konnte, entfloh der Gefahr. Die Schulen wurden geschlossen und die katholische Schule als Krankenhaus eingerichtet. Anfangs läutete man noch bei jedem Begräbnis die Totenglocke, doch das wurde bald eingestellt. In der schlimmsten Zeit starben täglich acht Personen, für eine kleine Stadt von höchstens 5.000 Einwohnern eine sehr große Zahl. Wie überall, so fand auch hier die Seuche hauptsächlich unter der ärmeren Bevölkerung und an den Stellen ihre meisten Opfer, an denen schlechtes Wasser und schlechte Luft vorhanden und der Boden durch mangelnde Kanalisation verseucht war. Die enggebaute Stadt mit ihren winkligen schmalen Straßen, schmutzigen Höfen, verseuchten Brunnen, ohne Kanalisation, war sehr geeignet zur Entstehung und Verbreitung von Krankheiten. Es war deshalb zu begrüßen, dass ab 1883 Kanalisation und Wasserleitung erbaut wurden, wodurch sich die gesundheitlichen Verhältnisse ungemein verbesserten.“
Stolz auf die Lenneper Erungenschaften
Wie stolz die Lenneper vor der Eingemeindung nach Remscheid im Jahre 1929 auf ihre städtischen Errungenschaften waren, dies zeigt ein Zitat aus Paul Windgassens Aufsatz „Geschichtliche Mitteilungen über die 700jährige Stadtgeschichte“ aus dem Jahre 1934, dessen Drucklegung von dem ebenfalls aus Lennep stammenden Verleger Isenburg ermöglicht wurde: „Schon um das Jahr 1890 gehörte Lennep in die vorderste Reihe der sanitär besteingerichteten Städte Deutschlands. Es hatte damals schon eine Wasserleitung (1883), für die im Jahre 1893 eine Talsperre vollendet und später vergrößert wurde, sodann Kanalisation und Müllabfuhr, Hallenbad (1886) und offene Badeanstalt (1873), Schlachthof (1889) und ein gutes Krankenhaus (1875). Diesen städtischen Einrichtungen, die rein gesundheitlichen Zwecken dienen, gesellen sich solche mit kulturellen Zielen würdig an. Aus der schon nachweislich von 1500 stammenden, also uralten Lateinschule ist im Wandel der Zeiten das heutige Röntgen-Realgymnasium mit Realschule an der „Röntgenstraße“ herausgewachsen. Daneben bestehen eine höhere Mädchenschule (1873), die nunmehr zum Lyzeum ausgestaltet ist, eine vollausgebaute Berufsschule und eine Stadtbücherei nebst Lesehalle. Dass dem Volksschulwesen entsprechende Aufmerksamkeit zugewendet wird, sei nur nebenher erwähnt. Neben den Volksschulen besteht eine besondere Hilfsschule für Schwachbegabte. In Bezug auf das höhere Schulwesen bildete Lennep deshalb den Kulturmittelpunkt des ehemaligen Landkreises. Als Kreisstadt war Lennep (14 000 Einwohner) Sitz zahlreicher Behörden. Es beherbergte das Landratsamt, ein Amtsgericht, das Katasteramt, das Finanzamt, das Zollamt, die Reichsbank, mehrere große Privatbanken, ein Eisenbahnbetriebsamt und eine neue, vom Kreise erbaute, große Landwirtschaftsschule. Die Zusammenballung aller dieser Einrichtungen drücken Lennep naturgemäß den Stempel der Beamtenstadt auf. Seine Tuchwebereien mit den von ihnen untrennbaren Begleitindustrien haben, wie schon erwähnt, ihren Ursprung aus dem 13. Jahrhundert. Aus jener Zeit stammt auch schon der vortreffliche Ruf, den ihre Ware bis heute behalten hat.“
Ausblick
Die Lenneper Unterwelt, von der hier die Rede war, hat die Lenneper, und nicht nur diese, immer wieder interessiert. Historisch gesehen entstammen die meisten historischen Erkenntnisse den Beiträgen von Albert Schmidt und Paul Windgassen, die in verschiedener Form bzw. unter unterschiedlichen Aspekten überliefert sind, etwa im Zusammenhang der Kanalisation oder der früheren Feuerlöschteiche. Aber auch der Lennepkenner Egon Viebahn hat, z.B. bei seinen unvergessenen Lennepführungen, das Thema sachkundig und lebhaft moderiert. Ich erinnere mich noch, wie er beispielsweise an der Bachstraße den Verlauf des dortigen Bachabschnitts erklärte. Seitdem hat es weitere umfangreiche und wertvolle Beiträge zum Thema gegeben, z.B. immer, wenn moderne Baumaßnahmen auf die alten unteririschen Bauwerke stießen. Es wäre verdienstvoll, die vorliegenden Zeugnisse, darunter auch viele unterhaltsame Geschichten, einmal zusammenzufassen. Aber alles kann und muss natürlich nicht jeder wissen oder parat haben. Bei einem einschlägigen Rundgang ist es aber möglich, sich interessante Eindrücke zu verschaffen. Einen solchen Rundgang werde ich in Lennep anbieten, wenn das Wetter in diesem Jahr wieder freundlicher ist, und sofern sich genügend Interessenten dafür finden.