Milch, Wasser und Schnaps im Alten Lennep

22 September 2020 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Abb. 1

Lang, lang ist es her, dass Fotos wie das obige in Lennep gemacht werden konnten. Das Foto stammt noch aus dem vorletzten Jahrhundert und zeigt eine volkstümliche „Partie“, wie man damals sagte, in der Altstadt. Um welche Gasse es sich hier handelt, kann man allerdings nur vermuten, denn heute sieht die Lenneper Altstadt nach ihrer Entkernung und/oder Sanierung natürlich anders aus. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg ging man ja zum Milch holen zum Kaufmann, oft wurden die Kinder mit der hauseigenen Kanne dorthin geschickt, die allerdings wesentlich kleiner war als die auf unserem Foto abgebildeten Exemplare. Mitunter sieht man derartige Kannen noch mit Blumenschmuck auf unseren Balkons oder in den Lenneper Vorgärten. Milch wurde seinerzeit übrigens auch ins Haus geliefert, gegen Aufschlag natürlich ebenso wie beim Wasser, sofern man keinen eigenen Brunnen im Haus hatte. Weiterhin das Petroleum für die Lampe und der Sand zum Reinigen der Fußböden und sonstiger Holzflächen. Gemessen an „solchen Zuständen“, die allerdings bis in letzte Drittel des 19. Jahrhunderts völlig normal waren, galt es natürlich als Fortschritt, als man am Bismarckplatz später ein Milch- und ein Wasserhäuschen anlegte, zeitweilig auch einen stattlichen Brunnen mit Fontäne und sogar eine meteorologische Station.

Abb. 2

Ich bin bei meinen Lennepführungen noch auf eine uralte Dame mit Gehwägelchen gestoßen, die davon erzählte, dass ihre Mutter am Bismarckplatz Wasser für das eigene Heim geholt hat. Das auf dem unteren Foto abgebildete Milchhäuschen übrigens diente nicht nur der Lenneper Milchversorgung, sondern war letztlich Teil einer preußischen Kampagne gegen den damalig durchaus beachtlichen Alkoholmissbrauch der „unteren Schichten“. Auch die Lenneper konnten damals mit dem „Fengersch“ von ihrer Kölner Straße und dem „Braselmanns“ aus Beyenburg / Schwelm ein Lied davon singen. Bekannt war das Lenneper Original, genannt Bubi oder Bübchen, das mit seinen Mattkadetten (Marktkumpanen) kein Gläschen versäumte und es bis zur Verewigung auf einer Ansichtskarte brachte, auf der er schnapsselig auf sein altes Lennep hinunter blickte. Milchverkaufsstellen waren sozusagen auch eine volkstümliche Variante der privaten Schweizerhäuser der reichen Industriellen, von denen es in Lennep am Westerholt übrigens auch eines gab, wo die Kühe im Stall aus Marmorkrippen fraßen. Der Eigentümer, Herr Hardt, pflegte seine Gäste zu fragen, ob sie lieber Champagner, Cognac oder Milch trinken wollten. „Es kostet mich alles dasselbe“, soll er hinzugefügt haben. Aber das, ebenso wie der Lenneper Alkoholkonsum um die vorletzte Jahrhundertwende, das sind schon wieder eigene Geschichten.

Abb. 3

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