Nachkriegsoriginale in Lennep

22 Februar 2021 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Heini Becker, der Fahrer vom Lenneper Gaswerk

Liebe Lennepfreunde, unter den Lenneper „Originalen“ der vergangenen Jahrzehnte war auch Heini Becker, der in seiner beruflichen Zeit als Fahrer des Lenneper Gaswerks arbeitete. Vielen Lennepern ist gar nicht mehr bewusst, dass es in Lennep überhaupt ein Gaswerk gab, aber die heute wirklich alten Lenneper sehen den großen schwarzen historischen Gasballon mit Sicherheit noch vor sich. Er stand ja an der Mühlenstraße hoch zur Albrecht-Thaer-Straße. Vor vielen Jahren habe ich diese Geschichte ja in dem Aufsatz beschrieben: https://www.lennep.eu/es-werde-licht-wie-die-gasanstalt-nach-lennep-kam/

Der Fahrer beim Lenneper Gaswerk, in einem Bild unserer heutigen Collage sehen wir ihn mit seinem Dienstfahrzeug auf seiner letzten Fahrt im  Jahre 1974 am Kölner Tor vor der Gaststätte Kölner Hof, hatte den Lenneper Berichten nach mehrere Hobbies, vor allem aber die Musik. Auf einem weiteren Foto unserer Collage sehen wir ihn als Schlagzeuger in der damaligen Gaststätte Kürten an der Ecke Mühlenstraße und Wallstraße anlässlich eines Krönungsballs der Schützen. Die Gaststätte, die es bereits vor mehr als einhundert Jahren gab, eine Zeit lang hieß sie „Zum Kaiser-Friedrich-Platz“, bevor der genannte Platz zum Jahnplatz wurde, ist heute leider nicht mehr vorhanden, denn die Zeiten, in denen der „anständige Lenneper“ nach der Arbeit und vor dem Sonntagsessen seiner Stammkneipe (oder auch mehreren) einen Besuch abstattete, sind ja historisch vergangen. Viele Lenneper können sich aber noch gut an den Wirt „Carl Meier“ erinnern, der am Alten Markt seine Wirtschaft „Zum Bergischen Löwen“ hatte. Ich ging da in meiner Jugend auch hin und kann mich an den Wirt und seine Frau Hildegard noch gut erinnern, die man auf dem Letzten Foto der Collage mit Heini Becker (links) vor dem Eingang der Wirtschaft unter dem früheren Kino sieht, in dem wir unsere Western sahen. Der Ruf des Kinobesitzers und Filmvorführers „Ruhe auf den billigen Plätzen“, also dem „Rasiersitz“ in den ersten drei Reihen direkt vor der Leinwand, war sicherlich oft berechtigt. In der entsprechenden Jahreszeit bot Frau Meyer im darunter liegenden Lokal übrigens einen äußerst leckeren Heringsstipp an, ein Bittern oder Korn gehörte zum Bier, und manchmal sang man die „Pflaumenpolka“: „Im Garten sind die Pflaumen reif“. Erinnerungen, Erinnerungen an das Alte Lennep, – ja das gab es für uns auch noch in den 1960er Jahren!

Abb. 1

Ernst Schneppe und der Schnaps im Leichenwagen

Liebe Lennepfreunde, gerade erst berichteten wir über ein Lenneper Nachkriegsoriginal, einen Herrn, der gern gut und viel aß und gerne auch selber kochte. Heute geht es um einen früheren Schreiner bei einem bekannten Lenneper Beerdigungsinstitut, der in seiner Berufszeit auch überregionale Überführungen zur Aufgabe hatte. In diesem Zusammenhang sprach er auch mal die Eltern des Berichterstatters an, ob sie denn etwas aus Berlin mitgebracht haben wollten. Nach dem Zweiten Weltkrieg war in der Sowjetischen Besatzungszone der Alkohol in jeder Form wesentlich billiger als im Westen. Da der genannte Herr eine Leiche nach Lennep zu überführen hatte, nahm er gern die Gelegenheit wahr, „billig einzukaufen“. Wohlgemerkt, vom wohlfeilen Ostschnaps durften wie auch aus Westberlin nur beschränkte Mengen nach Westdeutschland eingeführt werden. Der Lenneper übernahm also seine Leiche in Berlin zur Überführung in die Heimat und fuhr seinen Wagen in diese zurück. Einen Tag nach Erledigung dieser Aufgabe kam er mit zwei Flaschen Eierlikör und einer Flasche Schnaps in einen befreundeten Lenneper Haushalt. Man fragte, wie er das denn geschafft hätte, so viel mitzubringen, worauf er nur sagte, „der aul Kärl im Sarch hät nix dogegen gejat, dä sach nur, ik schlop besser op Fussel als ob Stroh ungerm Hingerschen…“ Ob solcher Sprüche waren die Frauen sehr entsetzt, man nahm den Schnaps aber doch gern an. Besagter Herr und seine Frau hatten dann zwischenzeitlich auch mal die Gaststätten „Kürten“ in der Mühlenstraße und „Meier“ am Alten Markt kurzzeitig gepachtet. Als fröhlicher Mensch war er generell dem Alkohol durchaus zugetan. Sein sonntäglicher Frühschoppen und seine Kneipenbummel waren Standard und stadtbekannt. Eines Sonntag mittags kam er dann nicht nur alkoholisiert, sondern auch ungewöhnlich spät nach Hause und fragte seine Frau: Na, wat jüt et to eten ?“ Diese antwortete kurz und bündig: „Schnaps!“ Er darauf: „Dann do mik en depen Teller voll!“. Der Herr liebte auch den Karneval, wovon das hier beigefügte Foto aus dem Jahre 1957 ein gutes Zeugnis ablegt

Abb. 2

Robert Korn kochte so gern

Liebe Lennepfreunde, als ich vor gut zwanzig Jahren eine Menge Lenneper Materialien vom „Lennepsammler“ Bernhard Koch für mein Lenneparchiv übernahm, da fanden sich u.a. auch einige Unterlagen zu bekannten Zeitgenossen der Nachkriegszeit, die man mit Fug und Recht als „Lenneper Originale“ bezeichnen kann, auch wenn sie nicht zu den allgemein bekannten historischen „Stadtgrößen“ zählten. Eine solche Lenneper Persönlichkeit war Robert Korn. Zu ihm heißt es bei meinem Archivvorgänger: „Robbi“, wie Robert Korn von seinen Freunden genannt wurde, war von Beruf Einzelhändler. Er hatte in den Kriegs- und Nachkriegsjahren verschiedene Ladenlokale gepachtet, in der Rospattstraße und in der Wetterauer Straße. Er war unverheiratet und, man sah es seiner Leibesfülle an, ein Gourmet und Gourmand, d.h. er aß nicht nur gut, sondern auch viel. Der Mann bezeichnete sich auch als Delikatesswaren-Händler. Sein großes Hobby war aber das eigene Kochen. Deshalb übernahm er es anlässlich privater Lenneper Feiern, für Speisen und Getränke verantwortlich zu sein. Er konnte auf diese Weise mit den von ihm gelieferten Nahrungsmitteln kreieren, was ihm vorschwebte, und mancher „alte Lenneper“ wird ihn so noch in Erinnerung haben. Unser hier erstes Foto aus dem Jahre 1957 zeigt den Lenneper in voller Aktion. Noch älter ist das zweite Foto, nämlich aus dem Jahre 1946, der sog. Hamsterzeit. Es findet sich in dem populären Quellenbuch „Bilder und Einsichten“ des Lennepers Manfred Müller, das dieser anlässlich der 750-Jahrfeier Lenneps im Jahre 1980 veröffentlichte. Es sind da allerdings nur Reibekuchen, keine Delikatessen, die hier gerade zubereitet werden, und zwar in selbst gepresstem Rüb- oder Rapsöl. Nicht nur im Krieg, sondern auch danach gab es die sog. „Fettlücke“, in der man sich behelfen musste. Die offiziellen Mengen waren kontingentiert, schwer zu beschaffen und damit teuer. Da die seinerzeit oft „schwarz“ hergestellten unreinen Öle immens aus der Pfanne spritzten, wurden die Wände hinter der Kochstelle damals meist mit Zeitungen abgedeckt. Geschmeckt hat es allen damals – in jedem Fall …

Abb. 3

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