Am 27. März 2019 wäre Wilhelm Conrad Röntgen 174 Jahre alt geworden. Die Deutsche Röntgen-Gesellschaft und die Geburtshaus-Stiftung nutzten dieses Datum, um den z.Zt. schon öffentlichen Teil des Gebäudes mit einer Ausstellung zum Jubilar offiziell darzustellen. Damit findet die etwa siebenjährige Geschichte des Umbaus ihren gegenwärtigen Abschluss. In die Restaurierung des denkmalgeschützten Hauses ist übrigens kein öffentliches Geld geflossen, vielmehr stammen sämtliche Mittel aus Spenden und Zuschüssen. Dies wurde nun gefeiert, nach den zahlreichen Reden auch mit einem Buffet und Sekt, auch das Fernsehen war dabei, und die am Boden liegenden Zigarettenreste vor der Fensterfront wurden zweimal entfernt.
Auf dem Weg vom Röntgenmuseum über den Lenneper Gänsemarkt zum Geburtshaus von Wilhelm Conrad Röntgen. Dort sind die ersten Gäste schon eingetroffen, um die neue Ausstellung zu Leben und Werk des berühmtesten Lennepers anzusehen. Fotos: Lenneparchiv Schmidt
In meiner Kinder- und Schülerzeit bin ich, da ich ja nur ca. 50-70 Meter entfernt am Mollplatz wohnte, fast jeden Tag an Röntgens Geburtshaus am Gänsemarkt vorbeigekommen und natürlich auch hineingegangen, zumindest in den Teil des Gebäudes, der als Metzgerei der Familie Fritz Drösser öffentlich war. Ich erinnere mich nur zu gut, dass ich des Öfteren hier Schinken kaufen sollte, aber „gut abgehangen“, darauf legte man seinerzeit großen Wert.
Der Metzger Drösser galt in Lennep als Witzbold. Er hängte unter anderem ein Schild ins Schaufenster, auf dem geschrieben stand: „Gern schlage ich Ihnen Ihre Knochen ein“, eine Ausdrucksweise, die man im bergischen Lennep verstand, während man sie heute bei Stadtführungen des Öfteren erklären muss. Meist ging es dann noch ein paar Schritte weiter zum Bäcker Willmund, dessen Nachkriegs- „Amerikaner“ mit der Zucker- und Fettglasur sowie der stark gesüßte „Brotkuchen“ mir besonders schmeckten.
In der neuen Ausstellung im Parterre von Röntgens Geburtshaus sind persönliche Dinge, Korrespondenzen und wichtige Originaldokumente ausgestellt. Foto: Lenneparchiv Schmidt
Ja, Röntgens Geburtshaus! Wie wird es damit wohl weiter gehen? In einer Broschüre des jetzigen Eigentümers, der deutschen Röntgengesellschaft e.V., heißt es dazu: „Röntgenstadt nennt sich die ehemalige Tuchmacherstadt Lennep heute. Wilhelm Conrad Röntgen, der aus einer alten Lenneper Tuchmacherfamilie stammt, wurde hier geboren. In Würzburg entdeckte er 1895 die Strahlen, die heute die ganze Welt als Röntgenstrahlen kennt. Seine Arbeit revolutionierte die gesamte medizinische Diagnostik und bereitete den Weg für viele hochtechnologische Anwendungen. Der geniale Physiker, Entdecker, Forscher und Träger des ersten Nobelpreises für Physik ist eine Leitfigur des interdisziplinären und kreativen Querdenkens!“
Mit dem Erwerb des Geburtshauses von Wilhelm Conrad Röntgen im Herzen der Lenneper Altstadt hat die Deutsche Röntgengesellschaft dankenswerterweise auch den Weg bereitet, am Ursprungsort des Wissenschaftlers dem persönlichen Nachlass Röntgens einen würdigen Raum zu schaffen. Bislang fehlten ja Räumlichkeiten und Kontext, die einzigartige Sammlung von Röntgens Nachlass adäquat zu präsentieren. Das Röntgen-Geburtshaus bietet aber auch die Chance, gemeinsam mit dem Deutschen Röntgen-Museum Leben, Werk und Wirkung von Wilhelm Conrad Röntgen umfassend darzustellen. Röntgens persönlicher Nachlass, jetzt in seinem Lenneper Geburtshaus präsentiert, enthält Objekte, Möbel, Skizzen und Entwürfe zu einer Vielzahl wissenschaftlicher Themen und seltene Fachliteratur der frühen Radiologie. Es bietet somit ein reichhaltiges Spektrum, um den Wissenschaftler in einem biographisch authentischen Umfeld zu präsentieren.
Die Wiederherrichtung des Hauses erschließt aber nicht nur eine weitere Dimension zum Leben des Wissenschaftlers Wilhelm Conrad Röntgen, sondern sie bietet zugleich die Chance, ein denkmalgeschütztes Gebäude im Herzen der Altstadt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In enger Anbindung an das Deutsche Röntgen-Museum soll es als besonderer historischer Ort das geistige und materielle Erbe Wilhelm Conrad Röntgens in außergewöhnlicher Weise bewahren. Zugleich soll es Bildungs- und Weiterbildungszwecken dienen, nur so wird eine museale Einrichtung auch zu einem lebendigen Ort.
Die Vorderseite von Röntgens Geburtshaus zeigt inzwischen den Weg zum restaurierten Gesicht. Auf der Rückseite soll noch ein Wintergarten entstehen. Foto: Lenneparchiv Schmidt
Nicht nur die Zukunft des nunmehr restaurierten Gebäudes ist dabei interessant. Natürlich hat das Geburtshaus auch eine Geschichte. Bekanntlich wurde im Oktober 1746 die Stadt Lennep bis auf sieben Häuser und das Minoritenkloster durch ein großes Feuer verwüstet. Wie es damals am Gänsemarkt aussah, das ist natürlich nicht bekannt. Durch Gutachten kann man nur sagen, dass das spätere Haus am Gänsemarkt 1 nach 1783/85 erbaut worden sein muss. Um 1811 erfolgte der Kauf des Hauses durch Johann Heinrich Röntgen und Anna Louise Frowein, die es später an Friedrich Carl Röntgen (Vater von W.C. Röntgen) und dessen Brüder Richard und Ferdinand vererbten. Catharina von Pohlheim ist die letzte bekannte Vorbesitzerin vor den Röntgens. Ein genaues Kaufdatum lässt sich nicht mehr ermitteln. 1846 wurde das Haus dann an einen Metzgermeister Gustav Kühne veräußert, der es wiederum 1864 an Metzgermeister F.W. Drösser und dessen Sohn verkaufte.1860 wurde die Ansicht des Hauses durch die Veränderung der Schauseite durch den Einbau eines Ladenschaufensters verändert. Diese Schauseite ist im Prinzip bis heute erhalten und wird gerade restauriert. 1963 erfolgte die Schließung der Metzgerei, an die sich noch heute viele Lenneper erinnern, ein Jahr danach erwarb die Stadt Remscheid das Gebäude und entwickelte verschiedene Überlegungen zur städtischen Nutzung. Spätere Sanierungsarbeiten der Stadt wurden zunächst im Jahre 1980 abgeschlossen und das Haus beherbergte die Fachbibliothek des Deutschen Röntgenmuseums. Die Sanierungsarbeiten sollten endgültig ursprünglich bis 2015 abgeschlossen sein, jedoch ergaben sich nach und nach immer wieder neue Schwierigkeiten.
Zur Eröffnung der Ausstellung wurden im nur teilweise restaurierten Obergeschoss zahlreiche Reden gehalten. Danach lud man die Gäste zu einem opulenten Buffet mit Sekt. Fotos: Lenneparchiv Schmidt
Die Veranstaltung zur Eröffnung der Ausstellung im Lenneper Geburtshaus von Wilhelm Conrad Röntgen fand wie eingangs erwähnt an dessen 174. Geburtstag statt. Geladen waren neben der Presse zahlreiche Beteiligte, Offizielle, Großspender, und, so auch ich, als einer der wenigen privaten lokalen Spender. Ich konnte jedoch das von meiner Familie gestiftete Fenster nicht bewundern, da es an der noch nicht fertiggestellten Rückwand des Hauses liegt. Insgesamt konnte man sehen, dass bei der Renovierung von Röntgens Geburtshaus schon viel geschehen ist, dass aber noch viel getan werden muss, auch dies wurde klar. Alles ist abhängig von Spendengeldern.
Für die Lenneper ist es natürlich erfreulich, dass die architektonische und denkmalpflegerische Organisation und Betreuung durch Ansässige geschieht. Sophie Welke von „Welke Architekten“ dazu auf einer Webseite des Bundes Deutscher Architekten NRW: „Aktuell befassen wir uns mit dem Geburtshaus von Wilhelm Conrad Röntgen in Remscheid-Lennep. Das Museum, das dort entstehen wird, braucht zum Beispiel eine Alarmanlage und Heizung. Dort ist u.a. die Unsichtbarkeit von Technik ein Thema. Es bedarf sicher auch einiger Kunstgriffe für den geplanten Wintergartenanbau, dass es passt und aussieht, und dass man das Neue nicht als Störung wahrnimmt.“
Im nächsten Jahr, 2020 also zum 175. Geburtstag und Jubeljahr des berühmtesten Lennepers, soll Wilhelm Conrad Röntgen natürlich noch viel umfassender gefeiert werden, in Würzburg, in München, in Gießen, aber auch in Lennep natürlich und anderswo.
Nach der Veranstaltung traf ich an der Ecke Thüringsberg / Schwelmer Straße noch auf den „Genius des Lichts“, der ja Wilhelm Conrad Röntgen und die von ihm entdeckten Strahlen symbolisiert. Er ist in etwas anderer Form auch auf einer Ansichtskarte vom Anfang der 1930er Jahre mit abgebildet. Die ehemalige Kreisstadt „ Lennep, Rhld.“ hatte sich zu dieser Zeit allerdings schon in „Remscheid-Lennep“, also einen Stadtteil vom Remscheid verwandelt. Fotos Lenneparchiv Schmidt
Weitere Beiträge zum Thema findet man hier:
https://www.drg.de/de-DE/4882/tag-des-offenen-denkmals/