Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Verkehrsverein Lennep e.V. als Herausgeber in der Lenneper Druckerei Ad. Mann Nachfl. ein kleines heimatkundliches Heftchen gedruckt, das den Titel trug „Zeitgenössische Darstellungen des alten Lennep in Schrifttum und Bild“. Der Autor war Dr. Wilhelm Rees, der den Lennepern bestens bekannt war. Nach der Online Enzyklopädie Wikipedia war Dr. Wilhelm Rees (* 23. Januar 1888 in Neuhückeswagen (Rheinland), † 12. Februar 1969 in Remscheid) ein deutscher Lehrer, Kommunalpolitiker, Heimatforscher und Schriftsteller, der in Bonn und Heidelberg studierte und 1911 in Bonn promovierte. Später war Rees als Studienrat in Remscheid tätig. Er trat in den Dienst der Stadt, war bei der Eröffnung 1932 der erste Leiter des Röntgenmuseums in Lennep, wurde Leiter des Kulturamtes, später war er Dezernent für Archiv, Stadtbücherei und Museum. Er betätigte sich als Heimatforscher und veröffentlichte zahlreiche Bücher und Zeitschriftenbeiträge über die Remscheider und bergische Geschichte, Landschaft und Kultur, u.a. für den Bergischen Geschichtsverein. Dort ist er auch Mitautor des 1958 erschienenen Werkes Bergische Geschichte. Daneben veröffentlichte er auch Erzählungen und Gedichte. Der umfangreiche Nachlass von Dr. Wilhelm Rees befindet sich heute im Historischen Zentrum der Stadt Remscheid. 1952 wurde ihm als erstem Leiter des Röntgen-Museums die Röntgen-Plakette der Stadt Remscheid verliehen. Die Stadt Remscheid benannte einen Kunstpreis nach ihm.
Dr. Wilhelm Rees unternahm es in dem oben genannten kleinen Nachkriegsheftchen, am Beispiel Lennep die frühe historische Darstellung bergischer Städte nachzuzeichnen, von ihren bekannten Anfängen bis etwa 1910. Eine solche Zusammenfassung ist sicherlich auch für uns Heutige noch oder wieder einmal interessant, zumal dieses Heftchen kaum bekannt ist und in den einschlägigen Bibliographien als sog. „Graue Literatur“ meist nicht berücksichtigt wird. Da die Kenntnis historischer Ausdrucks- und Schreibweisen heute noch weniger vorausgesetzt werden kann als nach 1945, so wurden diese insbesondere bei den alten Texten den heutigen Verhältnissen vorsichtig angepasst. Schließlich sind die Texte hier nicht für den Wissenschaftler gedacht, sondern für geschichtsinteressierte Leser und Lennepfreunde. Dieses Ansinnen wird durch die Beigabe historischen Bildmaterials hier weiter unterstützt.
Einleitung von Dr. Wilhelm Rees: „Lennep im Bild“
Die Darstellung Bergischer Städte setzt verhältnismäßig spät ein. Merian gelangte vom Rhein her nur bis Solingen, das er in seiner Topographie des deutschen Landes verewigt hat. Die älteste Darstellung Lenneps als umwehrter Stadt mit Mauern und Türmen stammt von E. Ph. Ploennies in seiner Landbeschreibung des Herzogtums Berg von 1715. Der große Brand von Lennep vom Jahre 1746 lenkte die Aufmerksamkeit der Künstler erneut auf die alte Stadt. Ein Kalenderblatt von 1747 gedenkt neben allerhand politischen Ereignissen, die im Bilde festgehalten sind, auch dieses Brandes. Man erblickt die brennende Stadt, in deren Hintergrund sich hohe Berge erheben. Wie die Landschaft, so ist offenbar auch die Stadt mit einiger Phantasie gestaltet. Aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts, und zwar vom Jahre 1824, liegt uns eine weitere Ansicht der Stadt von der Nordseite vor. Die Zeichnung stammt von C W. Sennewald, die Lithographie von P. W. Kreeft in Elberfeld. Das Stadtbild hat sich gegenüber dem Ploennies´schen wesentlich verändert, da inzwischen Mauern und Türme gefallen sind.
Die älteste Ansicht von Lennep aus dem Jahre 1715 ist eine Tuschzeichnung aus der „Topographie“ (Landesbeschreibung) des Herzogtums Berg des Landmessers und Kartographen Erich Philipp Ploennies (1672-1751). Eine solche, nach den damaligen Begriffen „wissenschaftliche“ Landesbeschreibung sollte dem Herrscher und seinem Verwaltungsapparat von praktischem Nutzen sein. Die Ansicht von Lennep zeigt die Stadt aus südlicher Richtung. Im Mittelpunkt erhebt sich die Pfarrkirche mit der gotischen Spitze, rechts die Klosterkirche mit dem barocken Dachreiter. Eine Ringmauer umschließt die Stadt. Am rechten Rand steht auf einer Anhöhe die städtische Windmühle, die im September 1823 von einem Sturm umgeworfen wurde. (Text nach der Schulgeschichte des Lenneper Röntgen-Gymnasiums hrsg. von Dr. Michael Metschies, Remscheid-Lennep 1991).
Um die Mitte des Jahrhunderts wird es Brauch, auf den Lithographien neben einem Gesamtbild der Stadt kleine Teilansichten, einzelne Gebäude oder Fabriken, festzuhalten. So entsteht um 1850 ein großer Steindruck „Lennep und seine Fabriken“ von H. Schütt nach einer Zeichnung von Gustav Freudenberg. Das Mittelstück des Bildes nimmt eine Gesamtansicht Lenneps von der Süd-Ostseite ein, die von zwei Reihen Fabrikanlagen oben und unten eingerahmt wird. Aus späterer Zeit stammt ein buntes Bild, das gezeichnet, lithographiert und gedruckt ist von F. G. Müller in Hannover. Erst im 20. Jahrhundert entdecken auch heimische Künstler die idyllischen Winkel von Lennep. So hat z.B. der Graphiker Heinz Hadem in aquarellierten Strichzeichnungen manch hübsche Stadtpartien festgehalten, und der Maler J. Steib schuf eine prächtige Radierung des Röntgenmuseums und seiner Umwelt.
Aus der Landbeschreibung des Herzogtums Berg von Erich Philipp Ploennies, 1715 „Von der Stadt Lennep“
Diese Stadt liegt nicht tief in den Bergen . . . hat daneben keinen Fluss oder Wasser, dessen sie sich mit Nutzen bedienen könnte. Ihre Einwohner treiben nebst dem Ackerbau den Tuchhandel und sind darinnen viele Tuchmacher, welche in der Sommerzeit wenig zu Hause, sondern meistens außerhalb Landes sind, sie suchen ihre Nahrung durch Handel und Wandel auf den umliegenden Jahrmärkten, etliche verkaufen das Laken mit der Elle auf Märkten, etliche fahren einen Karren Laken zu einem Stapelort und versenden solches stückweise auf das Land. Sie sind alle der Lutherschen Religion zugetan, und in Lennep ist nur ein einziges Kloster den Minoriten-Brüdern vor einiger Zeit darin zu bauen vergönnt worden. Die Stadt an sich selber ist nur mit einer gewöhnlichen Mauer eingefasst. Ihr Stadtregiment besteht wie in anderen Bergischen Städten darin, dass sie ihr eigen Gericht haben und unter keinem Beamten stehen, sie wählen alle Jahr einen neuen Bürgermeister und Richter, und wer das vorige Jahr Bürgermeister gewesen, ist im nächsten Jahr Richter. Ihr vornehmstes Privilegium ist, auf dem Landtag einen Deputierten zu haben.
Lennep im Jahre 1824. Lithographie von P. W. Kreeft in Elberfeld nach einer Zeichnung von C. W. Sennewald. Reproduktion durch „allmende Remscheid Fördergemeinschaft für Stadtkultur e.V.“ im Jahre 1992. Das zugrunde liegende Original wurde u.a. im Jahre 1980 unter dem Titel „Lennep von der Nordseite“ nachlithographiert von Claudia Reichelt, Frielinghausen.
Daniel Christian Francke: Vom Ursprung, Fortgang und gegenwärtigen Zustand unserer Schulen, 1720
Will ich also von unsrer Schulen Ursprung Meldung tun, so wird nötig sein, der lieben Stadt selbst vorerst mit Wenigem zu gedenken. Da ist denn bekannt, dass die Stadt Lennep eine der allerältesten in diesem Herzogtum ist, nicht nur, weil alle Geographen sie so bezeichnen; sondern weil sie bis jetzt auch den Titel der ältesten Haupt-Stadt unter denen übrigen des Landes aufweist, welche ansonsten Düsseldorf, Ratingen und Wipperfürth sind: Ja, Lennep gibt auch auf den Bergischen Landtagen gleich nach der Ritterschaft die erste Stimme ab, wodurch das Alter Lenneps deutlich genug zu erkennen ist. Da man nun jederzeit im guten Handel gestanden, starke Manufakturen betrieben, und also immer voller Einwohner gewesen ist, so ist kein Zweifel, die Stadt werde in den Anfängen schon eine Schule für die Jugend gehabt haben.
Beschreibung der vornehmen Handels-Städte und Flecken des Bergischen Landes von Johann Wülfing, 1729
Die Stadt Lennep ist die älteste Haupt-Stadt des Bergischen Landes, liegt in etwa im Grund, mit einer Ring-Mauer, darinnen vier Tore sowohl als auch mit Graben und Türmen umgeben; der Magistrat besteht in zwölf klug verständigen und ehrbaren Rats-Personen. Und sind der evangelisch-lutherischen Religion zugetan, woraus jedes Jahr ein Bürgermeister erwählt und von dem Abtretenden der Richterdienst vertreten wird. Jederzeit gibt es einen gelehrten und erfahrenen Stadtgerichtsschreiber; diese urteilen in strafrechtlichen und privatrechtlichen Angelegenheiten, und die Bürgermeister und Richter erscheinen auf den Landtagen. Das Rathaus allhier ist ein altes Gebäude, vor diesem Rathaus auf dem Markt steht ein großer breit auseinander gewachsener Hagedorn, desgleichen Größe von solchen Bäumen nicht oft zu finden ist. Die Stadt hat ihren eigenen berühmten Doktor der Medizin; sie haben auch ihren gelehrten Rektor und Konrektor. Daher studieren allhier viele vornehme adelige und unadelige Kinder, die von anderen Orten gesandt werden. In dieser Stadt liegt ein sehenswertes Minoritenkloster, worin die Geistlichen sich ehrbar halten und davon leben, was Gott und gute Herzen ihnen bescheren, und verrichten ihren Gottesdienst getreulich; der jetzige Guardian ist ein feiner gelehrter Mann: die evangelische Pfarrkirche allhier ist auch sehenswert. Diese Stadt hat wegen ihrer feinen und mittleren wüllenen Laken sehr floriert. Mit diesem stark betriebenen Handwerk, wozu die Stückwirker, Tuchscherer und Arbeiter von allerhand Nationen ohne Unterschied der drei römisch-katholischen und evangelischen Religionen angenommen werden, ernähren die Einwohner viele umliegende Städte, Flecken und Ämter. Es sind auch allhier die Häuser wegen der Vielheit der Handwerksleute in großem Wert, ihr Laken ist sehr berühmt und wird durch viele Länder geführt. In Summa, es kann diese Stadt für eine vornehme Handelsstadt des Bergischen Landes gehalten werden. Die Einwohner allhier, sowohl Mann- als Frauenspersonen, sind nicht stolz, sie halten sich bürgerlich, ihr Geld verwenden sie lieber zum Handeln spanischer und anderer Wolle als zur Hoffart, so sind auch die silbernen und güldenen Borden sowie Reifenröcke allhier in keinem Brauch noch Ansehen.
Der Alte Markt 1839. Vor dem Turm der ev. Stadtkirche das nach heutigen Erkenntnissen dritte Lenneper Rathaus aus den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts mit dem 1988 rekonstruierten barocken Zwerchgiebel. Rechts im Hintergrund das noch nicht verschieferte alte Wachthaus (heute Alter Markt 10), ganz rechts das 1791 erbaute und 1945 zerstörte Steinhaus, das von 1838 bis 1891 zum Teil als Rathaus diente. Hier war auch das Gericht und ab 1841 die erste Lenneper Sparkasse untergebracht. Über dem Marktplatz ist eine Öllampe aufgehängt. In der rechten unteren Bildecke ist die ehemals in Lenneper Privatbesitz befindliche teilkolorierte Gouache mit „G. Lehmann 39“- signiert. (Abb. nach einer Lithographie von Günter Franke, Frielinghausen bei Beyenburg, aus dem Jahre 1974/75, Text nach der Schulgeschichte des Lenneper Röntgen-Gymnasiums hrsg. von Dr. Michael Metschies, Remscheid-Lennep 1991).
Johann Hübner: Vollständige Geographie 3. Theil, 1733
Lennep ist die älteste und vornehmste Stadt des Landes, in einem angenehmen Tale, fünf Meilen von Cölln und eben so weit von Dortmund. Sie ist mit einer Mauer, mit einem Graben und mit schönen Gärten umgeben. Der Magistrat ist ganz lutherisch. Auf dem Land-Tage hat diese Stadt das erste Votum nach der Ritterschaft, treibet auch gute Handlung, sonderlich mit Hessischer Wolle. Es werden da sogar Tücher aus Spanischer Wolle fabriciret. Mitten durch die Stadt geht der Fluss Lennep, welcher die Wiesen umher so fruchtbar macht, dass die Einwohner im Jahr viermal Heu machen können. Seit etlichen Jahren hat eine Schule daselbst das Haupt erhoben, was sich nicht ohne große Mühe und Arbeit zugetragen hat.
Kurze Nachrichten von der Stadt Lennep im Bergischen, 1788 (Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik)
Lennep ist die älteste Hauptstadt des Herzogtums Berg und hat auf dem Landtag zu Düsseldorf die erste Stimme im städtischen Collegio. Die Stadt hat herrliche Privilegien vormals gehabt, die aber zum Teil vernachlässigt oder auf andere Art verloren gegangen sind. Lennep hat einen lutherischen Magistrat, der einzige in unserem Lande, der aus 12 nicht studierten Magistratspersonen und einem studierten Stadt- und Gerichtsschreiber besteht. Der Magistrat behauptet zugleich die bischöfliche Jurisdiktionsgewalt und führt sie aus, wenn Einigkeit auf dem Rathause herrscht. Hier sind Wiesen, die jährlich dreimalig geheut werden müssen, aber die Tuchfabrik, welche Tücher von 1 Reichstaler bis über 4 per Elle liefert, macht den ergiebigsten Nahrungszweig der Stadt aus, daher ist es auch begreiflich, dass in etwa 280 bis 290 Häusern an 4000 Einwohner gezählt werden. Die Stadt hat eine lutherische Kirche mit 2 Predigern und ein Franziskanerkloster von 12 bis 14 Personen.
Lennep und seine Fabriken. Um 1850. Lithographie von H. Schütt. Druck von A. Henry in Bonn. Das Blatt, insbesondere auch seine mittlere Partie mit der Bezeichnung „Lennep von der Süd-Ostseite“, wurde für die verschiedensten Zwecke nachlithographiert bzw. reproduziert, u.a. wie im vorliegenden Fall vom Druckhaus Arns, Remscheid.
Johann Moritz Schwager: Bemerkungen auf einer Reise durch Westfalen bis an und über den Rhein, 1804
Lennep, wo ich eine Zeitlang Schüler gewesen war, hatte wirklich viel Anziehendes für mich . . . Der Ort, wo es uns in der Jugend wohl ging, behält eine anziehende Kraft; auf der Hin- und Herreise in mein Vaterland hatte ich den Turm und die Windmühle nicht ohne Rührung gesehen, und jetzt erst wusste ich, dass meine Freunde aus Lennep mir auf meiner Rückreise entgegen geritten waren, um mich aufzufangen. Ich entschloss mich also, am Mittwoch hinzureisen … Lenneps Außenwerke hatten sich sehr verändert, die Stadt hat eine artige Chaussee gebaut, Tore und Mauern waren weg, und was sollten sie auch damit? So fest war es doch nicht, ein paar Marketender abzuwehren … Am liebsten war mir das Abtragen des Lüttringhauser Tores; es war eben fertig, als ich auf die Schule in Lennep kam, schön aus Quadersteinen bereitet, und es würde der Stadt Ehre gemacht haben, wenn die übrigen Tore und die Stadtmauer nur mitgewollt hätten. Freilich konnten sie nachkommen und sollten es auch, es blieb aber dabei, bis endlich das schöne Tor den schlechten nachfolgen musste. Das Inwendige der Stadt hatte am wirklichen Gehalt sehr gewonnen, an Ordnung kann aber nicht mehr gewonnen werden, bis alles ein neuer Brand vertilgt, und davor bewahre sie der liebe Gott! Weil erst Tore und Mauern verschwunden sind, so kommt es so genau nicht mehr darauf an, ob die Häuser in Reih und Glied stehen; mag man es nun auch für ein Dorf ansehen, Lennep bleibt doch deswegen die älteste Hauptstadt des Bergischen Landes und hat es in der Tuchmanufaktur so weit gebracht wie Leiden, Aachen, Vaels, Montjoie, Eupen und Verviers. Das Schulgebäude war noch dasselbe, die lateinische Schule im dritten Stockwerk hatte das unterste Stockwerk vor Gestank und Unreinigkeit verlassen müssen. Ich war neugierig, auch die Orgel zu sehen und zu hören, die ich noch nicht kannte. Ich setzte mich mitten ins Schiff der Kirche, aber ein hässlicher Totengeruch verjagte mich; ich suchte eine andere Stelle, und auch da stank es, kurz, es stank überall. Die Stühle sahen aus, als wenn kürzlich ein Erdbeben hier sein Wesen getrieben hätte, der eine hing rechts, der andere links, auch nicht eine Stuhllehne war ganz gerade. Auf nähere Nachfrage erfuhr ich, dass der Grund und Boden der Kirche als Kirchhof gebraucht werde und außerordentlich viele Leiber hier ihre Ruheplätzchen fänden.
Der Stadtbrand vom 6. Oktober 1746 wird auf einem Kalenderblatt von 1747 dargestellt. Sowohl das angegebene Datum als auch die Darstellung der Stadt entsprechen nicht der Wirklichkeit und gestalteten sich eher phantasievoll. Rechts: Panorama von Lennep von C.F. Müller, kurz vor 1900. Neu lithogr. u. gedr. Von Günter Franke, Lennep 1974.
Johannes Schmidt: Geschichte und Geographie des Herzogtums Berg, 1804
Lennep, eine offene Stadt, liegt zwischen sanften Anhöhen, in einem anmutigen und lieblichen Tale, hat viele schöne und einige prächtige Häuser, ein gutes Straßenpflaster, so dass mit der Chaussee nach Wermelskirchen und Ronsdorf Verbindung besteht, reines, klares Quellwasser, das in verschiedenen Bächelchen hindurchströmt, und für Menschen und Tiere, zur Reinigung des Pflasters und zum Wollspülen benutzt wird. Die Einwohner sind im Ganzen lutherisch und haben die größte Pfarrkirche des Landes; der Katholiken sind 1000 und gehören zur Klosterkirche, oder zu einer 1744 errichteten Mission. Hier sind die stärksten und besten Tuchmanufakturen des Landes, denn nicht nur die Bewohner der Stadt, sondern auch ein Teil der Gegend leben davon. Die meisten Tuchrahmen liegen nordöstlich von der Stadt und geben, wenn sie an schönen Tagen besetzt sind, durch ihre mannigfaltigen Farbschattierungen einen schönen und angenehmen Anblick. Es leben in ihr ungefähr 3000 Seelen, die außer der Tuchmanufaktur auch noch einigen Ackerbau, mehr Viehzucht, Pulverfabrik, Krämerei, Wein-, Seiden-, Siamosenhandlung und andere bürgerliche Gewerbe zu ihren Nahrungsquellen haben. Auf den Landtagen hat ihr Bürgermeister den ersten Sitz und die erste Stimme, auch hat sie ihren Stadtrat und Ober- und Unteroffiziere etc. Durch das Unglück mehrmals gewarnt, durch eine eingeführte bessere Bauart und durch bessere Brandlöschungsanstalten, verbunden mit der nötigen Vorsicht, wird diese Stadt hoffentlich nicht so oft mehr abbrennen als sie abgebrannt ist.
Josef Steib (1898-1957) war ein deutscher Maler und Radierer. Er realisierte in Lennep mehrere Motive im Zusammenhang von Wilhelm Conrad Röntgen. Rechts ein weiteres Motiv ums Röntgenmuseum, eine Radierung von L. Eichhorn.
Aus den Memoieren des Grafen Beugnot, kaiserlichen Kommissars im Groß-Herzogtum Berg, 1810 (Die erste Industrie-Ausstellung in Lennep)
Lennep hat eine mit Recht berühmte Wollspinnerei, deren Erzeugnisse ich im Rathaus ausgestellt gesehen habe. Hier versorgt sich das Großherzogtum Berg für die Bekleidung seiner Truppen, die in ihrer Gesamtheit aus Tuchen hergestellt wird. Die Rohstoffe bezieht man aus Sachsen oder dem eigenen Lande. Jedoch sind mir Tuche vorgelegt worden, in denen sich auch spanische Wolle befand, es war leicht, dies zu bemerken. Die Erzeugnisse werden im Großherzogtum oder auf den Frankfurter Märkten abgesetzt. Ich habe die Verarbeitung dieses Stoffes in der Fabrik des Herrn … verfolgt, und ich bin im Allgemeinen zufrieden gewesen. In dieser Fabrik habe ich die Scher- und die Spinnmaschine System Douglas vorgefunden. Die damit erzeugten Tuche sind gut gewebt und mit Verständnis appretiert. Sie sind denen aus Barmen überlegen, und ich habe einige Stücke gefunden, die an Feinheit den Tuchen zweiter Güte aus Elbeuf gleichkommen, aber weder deren Fülle noch weiche Festigkeit besitzen. Die zweite dieser Eigenschaften erreicht man nur durch Verarbeitung spanischer Wolle, und es könnte sogar scheinen, dass bei Verwendung dieser Wolle in gleicher Güte die französische Fabrikation irgend ein besonderes Verfahren hat, um dem Tuch eine Schmiegsamkeit und seidige Weichheit zu geben, die die ausländischen Erzeugnisse, selbst die englischen, nicht erreichen. In Lennep habe ich auch Kaschmirstücke zweiter Güte gefunden, die an Ort und Stelle aus sächsischer mit heimischer gemischter Wolle hergestellt waren. Die Fabrikation schien mir gut. Im Allgemeinen rechtfertigt diese Fabrik ihren Ruf. Sie hat großen Absatz ihrer Erzeugnisse und fordert besonders, da man ihr die Versorgung des Heeres des Großherzogtums vorbehält, was ganz gerecht ist, da sie gute Stoffe zu einem billigeren Preise liefert, als man ihn anderswo bekommen würde.
Alte Gasse in Lennep. Original-Holzschnitt von Karl Raffelsieper, Wipperfürth. Rechts: Der Lenneper Gänsemarkt und das Geburtshaus Röntgens. Aus der Künstlermappe: „Das Bergische Land. 6 Original-Radierungen auf Handabzügen von Carl Fleege“ (1871-1930).
Voßnack u. O. v. Czarnowsky: Der Kreis Lennep, 1854
Der Name der Stadt wird abgeleitet von dem durch das Weichbild des Ortes rieselnden gleichnamigen Bache. Die Bürgermeisterei Lennep umfasst einen Flächenraum von 8862 Morgen, von denen 221 Morgen zu Gärten, 2888 Morgen zu Ackerland und 461 Morgen zu Wiesen verwendet sind. Die Umgebung von Lennep gehört zu den fruchtbarsten Strichen des Kreises, jedoch gibt es besonders im Westen der Gemeinde auch öde Strecken, die nur Heidestreu liefern. Im Jahre 1792 zählte die Gemeinde Lennep 2191 Seelen, 1807 nur 2853; 1816 war die Seelenzahl jedoch bereits auf 4608 gestiegen, erreichte 1836 die Zahl von 5929 und betrug am Schlusse des Jahres 1853 7681 Seelen. Nach den Konfessionen zerfallen dieselben in 1753 Katholiken, 5915 Evangelische und 13 Einwohner jüdischen Bekenntnisses. Es gibt in der Bürgermeisterei 562 Wohnhäuser, 29 Fabrikgebäude und Magazine, und über 300 Gebäude zu landwirtschaftlichen Zwecken. Die Hauptbeschäftigung der Bewohner ist die Tuchfabrikation und die davon abhängigen Gewerbe. Der Landbau ist nur von untergeordneter Wichtigkeit, und es gibt nur 77 Eigentümer in der Bürgermeisterei, welche den Landbau als Hauptgewerbe betreiben. Mehr als die Hälfte aller Tuchfabriken des Kreises, nämlich 36 derselben, kommen auf Lennep, auch ist die Stadt der Sitz bedeutender Wollhandlungen. Die Fabrikation der wollenen und halbwollenen Stoffe beschäftigt 196 Webstühle, 15 Appretur-, Press-, Scher- und Walkanstalten und bedeutende Woll- und Schönfärbereien. Die bedeutendsten Anlagen für die Fabrikation liegen, wie bereits erwähnt, auf den Gefällen der Wupper. Die Bürgermeisterei Lennep besteht aus Stadt und Außengemeinde, sie führen einen getrennten Haushalt. Die Kreisstadt Lennep liegt in einem nach Osten offenen, flachen Bergkessel, von Gärten und Wiesen umgeben, am Lennepebach und zählt 6370 Einwohner, welche größtenteils evangelisch sind. Wie alle älteren Städte ist Lennep nicht regelmäßig gebaut, zählt aber in den neueren Straßen eine Menge schöner, in edlem Geschmack erbauter Privathäuser. An öffentlichen Gebäuden besitzt die Stadt eine evang. und eine kath. Kirche, ein stattliches Rathaus, ein Waisen- und ein Krankenhaus und eine Gasbereitungsanstalt. Für die Bildung der Jugend hat Lennep eine höhere Lehranstalt, eine Töchterschule und mehrere Elementarschulen. Die Stadt ist der Sitz des Landratsamtes, der Handelskammer, eines Friedens- und Gewerbegerichts, eines Postamtes und einer Kreis-Prüfungs-Kommission.
Otto Schell, Bergische Städtebilder, 1909
Das alte Städtchen Lennep ist freundlich in eine flache Talmulde gebreitet. Der Ort hat, trotz seines Alters, nicht an dem riesenhaften Wachstum der meisten bergischen Städte teilgenommen, beläuft sich die Zahl der Einwohner doch nur auf rund 12 000 Seelen. Aber doch erfreut sich Lennep weit und breit eines guten Rufes, denn es ist nach wie vor der Mittelpunkt der bergischen Tuchindustrie. Allerdings erkennt man den Charakter einer Fabrikstadt kaum, wenn man den Ort betritt, denn die Lenneper Fabriken liegen mehr oder weniger entfernt, in hübschen Fluss- und Bachtälern oder auch auf freier Höhe, wie es die Verhältnisse mit sich brachten. Dadurch hat sich die Stadt selbst ein ruhiges, fast vornehmes Gepräge bewahrt und bildet eine Ausnahme von allen übrigen bergischen Städten. Der starke Wasserverbrauch hat wohl in erster Linie dazu beigetragen, die Lenneper Tuchfabriken an das hier noch silberhelle Wasserband der Wupper mit ihren vielfach reizenden Landschaftsbildern zu drängen . . . Eine ältere Ansicht aus dem Jahre 1715 stammt von dem bekannten Ploennies; auch hier fehlen im Prospekt der Stadt alle Fabriken; dagegen ist hier der Charakter einer alten Stadt durch die vier Torburgen, eine einfache Mauer hervorgehoben, welche von runden und viereckigen Türmen und Bastionen unterbrochen wird und eng und knapp den Ort mit seinen niedrigen Fachwerkhäusern und zwei Kirchen umschließt. Trotz ihres hohen Alters ist von alten Bauwerken fast nichts in Lennep erhalten geblieben. Das haben die großen Brände verschuldet. Ein geringes Bruchstück der alten Stadtmauer, das Kloster der Franziskaner mit der nun zu einer Fabrik umgewandelten Kirche mahnen direkt an die Vergangenheit. Die Franziskaner besaßen seit dem Jahre 1641 ein Absteigequartier in Lennep. Die Umgebung von Lennep bietet manch schönes Landschaftsbild, namentlich in den Bachtälern wie dem Panzertal, wo die kleine Talsperre für die Stadt angelegt worden ist. Ein direkter Weg von Beyenburg nach Lennep führt über eine etwas eintönige Hochebene fort, bietet aber hübsche Fernblicke, namentlich ostwärts, wo das hochgelegene Kirchdorf Remlingrade und das Städtchen Radevormwald unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen.